Jarasch regelt den Verkehr

Grüne stellen ihre Senatoren vor: Das Schlüsselressort soll Bettina Jarasch übernehmen. Für Gesundheit kommt eine Neue

Ulrike Gote, Bettina Jarasch und Daniel Wesener: die grünen Senatoren für Berlin Foto: Christoph Soeder/dpa

Von Anna Klöpper

Zwei bekannte Gesichter und eine Überraschung: Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin der Grünen im Wahlkampf, soll im künftigen Senat das Schlüsselressort Umwelt, Verkehr und Klimaschutz übernehmen – das noch um den Verbraucherschutz ergänzt wird. Daniel Wesener, ausgewiesener Haushaltsexperte und zuletzt Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus, soll neuer Finanzsenator werden. Und Ulrike Gote, langjährige bayerische Landtagsabgeordnete und zurzeit Dezernentin der Stadt Kassel, übernimmt das neu zugeschnittene Ressort Gesundheit und Wissenschaft.

Die Parteispitze der Berliner Grünen hat am Montag ihre KandidatInnen für die Regierungsposten in einer rot-grün-roten Koalition präsentiert. Nun muss ein Parteitag am Sonntag, der auch über die Annahme des Koalitionsvertrags entscheiden soll, die Vorschläge des Landesvorstands bestätigen.

Jarasch betonte, es sei nur folgerichtig, dass sie nun auch das wichtigste Ressort für die Grünen im Senat verantworte – immerhin sei sie mit dem „zentralen Versprechen“ der Mobilitätswende und des grünen Stadtumbaus auch „ein Jahr lang im Wahlkampf durch die Stadt gezogen“. Sie freue sich sehr, „dass ich nun in der Lage bin, die Versprechen aus dem Wahlkampf in verantwortlicher Position einzulösen“.

Dass sie über wenig fachpolitische Expertise im Verkehrs- und Umweltbereich verfüge, sei aus ihrer Sicht kein Problem, sagte die Politikerin, deren Thema bislang eher die Migrationspolitik war. Sie sei, auch in ihrer Zeit als Landesvorsitzende bis 2016, „schon immer Generalistin“ gewesen. Die fachliche Expertise gebe es in der Verwaltung und auch bei den außerparlamentarischen Initiativen. Dieses Wissen wolle sie als Senatorin nun „fruchtbar“ machen.

Als zentrale Aufgabe für die kommenden Jahre nannte sie vor allem die Mobilitätswende, die es nun gelte, „auch an den Stadtrand zu bringen und umzusetzen und gleichzeitig die unterschiedlichen Lebensweisen in der Stadt zu berücksichtigen“.

In den einschlägigen Fachgruppen stößt die Personalie durchaus auf Zustimmung: Die Entscheidung für Jarasch sei „die logische Konsequenz aus dem Wahlkampf, in dem sie als Spitzenkandidatin deutliche verkehrspolitische Signale gegeben und die richtigen Impulse gesetzt hat“, sagte Matthias Dittmer, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Mobilität, der taz.

Die langjährige Grünen-Bezirksbürgermeisterin in Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, sagte: „Die Entscheidung ist okay. Jarasch, das hat sie im Wahlkampf gezeigt, ist eine, die für die Themen Klima und Verkehr brennt.“ Herrmann, die den Mobilitätsbereich für die Grünen im Koalitionsvertrag federführend verhandelt hat, sagte der taz, man habe in den vergangenen fünf Jahren Strukturen aufgebaut. Nun müsse umgesetzt werden – beim Ausbau des Bussystems, beim Tram­ausbau, bei Taktverkürzungen insbesondere am Stadtrand: „Wir müssen jetzt schnell sein.“

Für die größte Neugier bei der Grünen-Basis dürfte Ulrike Gote, der Neuzugang aus dem Hessischen, sorgen. Berlins Landesvorsitzender Werner Graf stellte sie am Montag als eine vor, die viel Erfahrung im Coronakrisenmanagement mitbringe. Das sei jetzt zentral. In der jüngsten Zeit habe sie als Dezernentin für Gesundheit, Jugend und Familie in Kassel die Stadt „sehr gut durch die Pandemie gesteuert“.

„Die Entscheidung ist okay“

Ex-Bürgermeisterin Monika Herrmann über Jarasch

Jarasch betonte, es sei wichtig, dass es gerade beim Coronamanagement einen möglichst reibungslosen Übergang gebe. Gote, die 20 Jahre im Bayerischen Landtag saß, dort Sprecherin der Grünenfraktion für den Bereich Hochschulpolitik und eine Legislaturperiode lang Vizepräsidentin war, könne „sofort loslegen“.

Auf die Frage, was sie als Pandemiemanagerin sofort anpacken wolle, bat Gote um Verständnis: Sie müsse in Berlin erst einmal „ankommen“. Zentral sei allerdings das Impfen. „Wir müssen gegen die Pandemie animpfen, das hilft uns nicht kurzfristig, aber es hilft uns im kommenden Jahr.“ Auch für kleinere Kinder müsse es nun schnell Impfangebote geben.

Zurück in der ersten Reihe der Landespolitik ist mit Daniel Wesener ein altbekanntes Gesicht der Grünen. Wesener hatte, gemeinsam mit Jarasch, den Landesverband zwischen 2006 und 2011 erfolgreich in die Regierungsverantwortung geführt. Er gilt als „Cheffinanzer“ der Grünen und angesehener Haushaltsexperte. Sein Verständnis des Ressorts fasste er am Montag so zusammen: „Finanzpolitik ist eine Politik, die Dinge ermöglicht.“ Es sei falsch, sich „aus der Coronakrise herauszusparen“ – weshalb der Koalitionsvertrag auch viele Investitionen vorsehe: in Personalaufwüchse, in die ökosoziale Transformation, in die Wohnungspolitik.

Man gehe jetzt in den Austausch mit der Basis, sagte Landesvorsitzende Nina Stahr. Sie sei sich jedenfalls sicher, dass die Grünen mit diesem Personal ihre Verantwortung für Berlin in Zukunft „noch besser wahrnehmen“ könnten.