Klimawandel in Parks und Gärten: Buchen leiden, Misteln sprießen

Das Jahr 2021 war feuchter und kühler. Dennoch richtet die Erderhitzung in Parks und Gärten enorme Schäden an. Die Gärt­ne­r:in­nen experimentieren.

bunte Herbstfärbung in einem Park

Der Kampf gegen die voranschreitende Erderhitzung: Auch Schloss Benrath bei Düsseldorf Foto: Manngold/imago

BERLIN taz | Jetzt ist er endgültig vorüber, der goldene Herbst in den Parks und Gärten – Zeit für eine Bestandsaufnahme. Nach den heißen und knochentrockenen Frühjahren und Sommern 2018, 2019 und 2020 war 2021 etwas feuchter und etwas kühler. „Es gab eine leichte Erholung, aber die Schäden bleiben auf hohem Niveau“, sagt Michael Hörrmann, Geschäftsleiter der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Eine strukturelle Verbesserung etwa im Schlossgarten Schwetzingen gebe es nicht.

Die Bäume hätten zu wenige Blätter ausgebildet, die Kronen seien zu licht. „Nach wie vor müssen wir tote Äste aus den Bäumen schneiden oder sie ganz fällen“, sagt Hörrmann. Ähnlich sieht es im Park des Wasserschlosses Dyck am Niederrhein aus. Rund 20 große, alte Bäume mussten dort gefällt werden, ein Großteil davon Buchen, berichtet Jens Spanjer, Chef der Stiftung Schloss Dyck.

Die Auswirkungen der Dürresommer von 2019 und 2020 seien in den Herrenhäuser Gärten in Hannover noch gar nicht richtig angekommen, sagt Gartendirektorin Anke Seegert. „Was wir hier fällen, hat nichts mit den extrem trockenen Sommern zu tun.“ Bäume stürben langsam, betont die Landschaftsarchitektin. Trotzdem sei der Klimawandel auch in den Hannoveraner Schlossparks spürbar.

„Wir haben praktisch keinen Zuckerahorn ohne Mistel-Befall mehr“, sagt Seegert, „das gab es früher nicht.“ Die Mistel wandere mit den wärmeren Temperaturen nach Norden, sie sei ein Gewinner des Klimawandels. Anders als die Birke, die große Hitze kaum aushält und zu den Verlierern der Erd­erhitzung gehört. „Unser Birkenbestand ist massiv zurückgegangen“, sagt die Gartendirektorin, „das ist bundesweit zu beobachten.“ Die Birke ist zwar anspruchslos und kann sogar in Schotter keimen. Doch wird es zu heiß, geht sie ein.

Hilfe mit Terra Preta

Nach einer kurzen Schockstarre sind die Parkverwaltungen inzwischen in die Offensive gegangen und versuchen zu retten, was zu retten ist. In Schwetzingen experimentieren die Gärt­ne­r:in­nen mit der Pflanzenkohle Terra Preta. Um elf besonders wertvolle alte Bäume haben sie insgesamt 500 Löcher in den Boden gebohrt, 80 Zentimeter tief, 10 bis 15 Zentimeter breit. In die Löcher wurde Pflanzenkohle gefüllt, mit Kompost angereichert und gewässert.

„Uns bleibt nur Trial and Error“, sagt Gartenchef Hörrmann. „In welchem Abstand die Löcher zu den Wurzeln gesetzt werden müssen, wie viel Wasser die Bäume danach brauchen“, all das müsse ausprobiert werden. Der Aufwand sei enorm. Insgesamt seien im Schwetzinger Park rund 1.000 Bäume geschwächt. Sie alle auf diese Art zu retten, sei unmöglich. „Wir konzentrieren uns auf die landschaftsprägenden, wichtigen Bäume“, sagt Hörrmann.

Zusätzlich zur Bodenverbesserung haben die Schwetzinger ihre alte Baumschule wieder reaktiviert. Hier ziehen sie aus vorhandenen Bäumen, die sich als besonders trocken- und hitzetolerant erwiesen haben, Stecklinge und damit eigene, an den Standort angepasste Pflanzen. Dahinter steht nicht nur der Wunsch, mit möglichst ähnlichen Bäumen das Gartendenkmal zu erhalten. „Es sei auch eine Frage der Nachhaltigkeit, selbst Pflanzen zu ziehen und das Wissen darüber in den Gärten zu erhalten“, sagt Hörrmann.

Auf Bodenverbesserung setzt man auch in Hannover. Außerdem haben die Gärt­ne­r:in­nen die Nähe zum benachbarten Fluss Leine und den hohen Grundwasserspiegel genutzt, um die Gärten intensiv zu wässern. An heißen Tagen wurden die Bäume auch beregnet und mit einem „Sprühschirm im Kronenbereich“ gekühlt sowie die Verdunstungsrate mit dem einhergehendem kühlendem Effekt erhöht, sagt Direktorin Seegert.

Auch an Regentagen gewässert

Einen ähnlichen Weg versucht der Schlosspark Dyck. „Wir haben extrem viel gewässert, zum Teil sogar an Regentagen“, sagt Spanjer. „Zu viel Wasser gibt es derzeit gar nicht.“ Außerdem habe man versucht, den Boden zu verbessern, etwa, indem man ihn mit Regenwürmern anreicherte. Auf diese Weise versucht Spanjer, die Vitalität der Bäume zu stärken – erfolgreich, wie er berichtet. Ein Teil des Parks stehe für Biodiversität und eine natürliche Entwicklung zur Verfügung. Hier wird weder der Boden verbessert noch gewässert. In diesem Bereich seien deutlich mehr Schäden an den Bäumen zu beobachten als im gepflegten, beispielsweise seien großflächig Lärchen abgestorben.

Dieses Spannungsfeld – lebendiges Garten-Denkmal versus Park als Lebensraum – sei das Nächste, dem sich die hiesigen Gärten offensiv stellen müssen, sagt Stefan Schweizer, Wissenschaftlicher Vorstand der Stiftung Schloss und Park Benrath in Düsseldorf. In den historischen Parks bestünden zunehmend Zielkonflikte zwischen dem Denkmal- und dem Naturschutz.

Beides seien Rechtsgüter, die unabhängig voneinander bestand hätten und gleichwertig seien. Die Naturschützer sähen häufig nicht die Notwendigkeit, einen Ort „kulturgeschichtlich lesbar zu machen oder zu erhalten“. Denkmalschützern hingegen sei eine Sichtachse von Hause aus näher als ein Vogelbrutgehölz. „Wir reden zu selten miteinander“, sagt Schweizer, „und wenn wir miteinander sprechen, reden wir häufig aneinander vorbei.“

Schweizer ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur und sieht für die Gärten im Klimawandel und inmitten der Biodiversitätsdebatte das Thema Nachhaltigkeit als bestimmend für die nächsten Jahre. Beispielsweise müsse die „Wechselbepflanzung mit Blumen, die nur eine Saison im Beet blieben und danach weggeworfen würden, überdacht werden“, sagt Schweizer.

Zwar seien diese Pflanzen billiger als langjährige Stauden, die intensiver Pflege bedürften. Doch Wegwerfkulturen bedeuteten industrielle Agrarproduktion mit allen ihren Nebenwirkungen wie Konzentration der Anbieter und Verbrauch von Ressourcen wie Boden und Wasser, um kurzlebige Pflanzen zu züchten. Es ist in den Schlossparks eben wie fast überall: Sind zugleich Teil des Problems, aber Lösungen sind in Sicht.

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