Ungewöhnliche Allianz in Gambia: Eine kuriose Wahl

2016 bezwang Adama Barrow Gambias Langzeitdiktator Yahya Jammeh. Jetzt wollen manche Jammeh-Unterstützer Barrows Wiederwahl.

Präsident Adama Barrowbias winkt vor Menschen aus einem Autodach.

Gambias Präsident Adama Barrowbias nach seiner Wahl 2017 Foto: epa

COTONOU taz | Es ist die erste Präsidentschaftswahl im flächenmäßig kleinsten Staat auf dem afrikanischen Kontinent ohne Beteiligung eines Langzeitherrschers. In Gambia stehen am Samstag neben dem seit 2016 regierenden Adama Barrow fünf weitere Kandidaten zur Wahl.

Dennoch beherrscht ein Langzeitherrscher weiter die Gespräche: Yahya Jammeh, der 1994 durch einen Putsch an die Macht kam und bis 2016 blieb, als er Wahlen überraschend verlor. Das dürfe einem Diktator nicht passieren, wurde gespottet. Nach ersten Glückwünschen an den Wahlsieger Adama Barrow weigerte sich Jammeh, seine Niederlage einzugestehen. Nach militärischen Drohgebärden der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) und vor allem des Nachbarlandes Senegal, das Gambia umschließt und Truppen schickte, ging der Diktator nach Äquatorialguinea ins Exil.

Das setzte einer finsteren Ära ein Ende: In Jammehs Amtszeit verschwanden Oppositionelle, Kri­ti­ke­r*in­nen wurden ermordet. Schlagzeilen machte Jammeh auch mit Behauptungen, er könne HIV/Aids mit Pflanzen heilen.

Ausgerechnet Teile der einst von Jammeh gegründeten Allianz für patriotische Neuorientierung und Aufbau (APRC) suchen nun den Schulterschluss mit Barrow. Sie kündigten im September an, bei den Wahlen Barrow und dessen 2019 gegründete Nationale Volkspartei (NPP) zu unterstützen. Einen eigenen APRC-Kandidaten gibt es bei der Präsidentschaftswahl nicht. APRC-Vorsitzender Fabakary Tombong Jatta macht auf Wahlkampfauftritten massiv Werbung für Barrow.

Barrow-Anhänger*innen gefällt das nicht. So hat der in den Niederlanden lebende Alagie Kijera, früherer Präsident eines Barrow-Fanklubs, aus Protest die NPP verlassen.

Jammeh selbst wettert aus dem Exil gegen Barrow

Jammeh selbst äußert keinerlei Interesse an einer Allianz mit dem Präsidenten. In aufgezeichneten Telefonaten, die im Wahlkampf abgespielt werden, wettert er gegen Barrow und sagt, dieser habe „alles Gute“ zerstört. Stattdessen fordert er zur Wahl von Mama Kandeh auf, der 2002 erstmals für die APRC ins Parlament einzog.

Pünktlich zur Wahl wird jetzt an die Verbrechen der Ära Jammeh erinnert. Vergangene Woche übergab Gambias Wahrheitskommission nach monatelanger Verzögerung ihren Abschlussbericht an Präsident Barrow. Nach jahrelanger Arbeit und der Befragung von etwa 400 Zeu­g*in­nen – Opfer wie mutmaßliche Tä­te­r*in­nen – spricht das Gremium von 240 bis 250 Todesopfern während des Jammeh-Regimes, von Folter und sexuellem Missbrauch. Der Bericht empfiehlt, die Taten aufzuarbeiten und Prozesse zu führen. Nur so könne es zu einer Versöhnung kommen.

Jetzt wird allerdings befürchtet, dass die überraschende Verbindung zwischen NPP und APRC genau das verhindern könnte. Auch dürften sich neuerliche Barrow-Unterstützer*innen aus dem Jammeh-Lager milderen Umgang ausrechnen, falls sie tatsächlich vor Gericht landen.

Auch sonst hat Barrow seinen anfänglichen Glanz längst verloren. Vom Migranten zum Präsidenten hieß die Erfolgsgeschichte Barrows, der als junger Mann nach Großbritannien geflohen war. Nach seiner Wahl versprach er, nur drei Jahre an der Macht zu bleiben. Danach blieb er, und es gab Proteste.

Größter Herausforderer bei der Wahl ist nun Barrows früherer Förderer, Außenminister und Vize Ousainou Darboe. Er selbst konnte 2016 aufgrund einer Gefängnisstrafe nicht antreten und überließ Barrow seine Kandidatur, als Übergangslösung. Zum Zerwürfnis kam es, als Darboe sich gegen eine zweite Amtszeit für Barrow aussprach.

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