Frauen in Führungspositionen

Die scheidende Kulturstaatsministerin Monika Grütters über ihre Besetzungspolitik.
Eine Antwort auf den Artikel „Agentin des Patriarchats“ der taz vom 24. 11. 2021

Monika Grütters Foto: F. Sommer/dpa

Von Monika Grütters

Der Weg zur Gleichstellung ist steil und steinig. Das erleben wir in den Parlamenten und Parteien wie auch in den Führungsetagen der Medien. Das sehen wir auch im Sport, wo bis 1970 – kein Witz – ein Frauenfußballverbot beim DFB existierte, das Fußballspiele mit weiblicher Beteiligung aus „grundsätzlichen Erwägungen und ästhetischen Gründen“ unter Androhung von Strafen für die Vereine untersagte. Und auch in der Kunst hat die Benachteiligung von Frauen eine lange Tradition. Schöpferische Fähigkeiten wurden ihnen über Jahrhunderte schlicht abgesprochen, ja noch 2013 wusste ­Georg Baselitz dem Spiegel zu berichten: „Frauen malen nicht so gut.“

In den letzten Jahren mag vieles besser geworden sein, aber leider noch nicht alles anders. Denn ihrem Ruf und ihrem Selbstverständnis als gesellschaftliche Avantgarde macht die Kreativbranche leider wahrlich keine Ehre. Frauen sind dort in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert. Dies setzt sich fort bei der Vergabe von Preisen und Fördermitteln oder bei ihrer Bezahlung auf der Bühne, am Filmset oder auf dem Kunstmarkt.

Ich habe mich deshalb von der ersten Stunde an für „Pro Quote“ engagiert. Bei einem 2016 von mir organisierten Runden Tisch haben wir Maßnahmen für mehr Chancengleichheit in Kultur und Medien entwickelt. Dazu gehört die Parität in Gremien, Jurys und Auswahlkommissionen. Sämtliche Gremien der Beauftragten für Kultur und Medien – und das sind viele –, sind mittlerweile paritätisch besetzt. Wir haben ein „Projektbüro Frauen in Kultur und Medien“ beim Deutschen Kulturrat eingerichtet, das ein nachgefragtes Mentoringprogramm für weiblichen Führungsnachwuchs etabliert hat.

Die „Me too“-Debatte hat das Problem der sexualisierten Gewalt endlich unübersehbar gemacht. Um denen zu helfen, die solchen Übergriffen ausgesetzt sind, wurde in Deutschland die Vertrauensstelle „Themis“ gegründet. Ich wünsche mir hier ein viel größeres, auch finanzielles, Engagement der öffentlich-rechtlichen Anstalten.

Der Schlüssel für einen echten Kulturwandel ist es, viel mehr starke Frauen in Führungspositionen zu bringen. Dieses Ziel haben Findungskommissionen mit mir als Verbündeter über viele Jahre energisch und hartnäckig verfolgt. Leider mussten wir die Erfahrung machen, dass manche Berufung einer tollen Frau schnell abgehakt wird und sich der Blick der Öffentlichkeit wieder vermeintlich schillernderen männlichen Besetzungen zuwendet. Einen in dieser Hinsicht erschütternden (inzwischen korrigierten) Fauxpas leistete sich diese Zeitung. Vor ein paar Tagen unterstellte sie mir, während meiner Amtszeit „sämtliche Jobs“ im Kulturbereich mit Männern besetzt zu haben. Die Liste der unter meiner Ägide benannten Spitzen-Frauen ist zu lang, um sie hier aufzuzählen. Mit der Direktorin des Jüdischen Museums Hetty Berg, der Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und der Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung Gundula Bavendamm seien aber nur drei Persönlichkeiten genannt, die gerade in Berlin im Rampenlicht stehen.

Wenn diese und andere herausragende weibliche Besetzungen dennoch übersehen werden, sagt das viel über uns aus und ist gerade diesen Frauen gegenüber ein trauriges, ja bitteres Signal. Gerade sie, die sich gegen starke Konkurrenz durchgesetzt haben, verdienen doch als Vorbilder besonders hohe Anerkennung. Sichtbar strafen sie all jene Lügen, die immer noch behaupten, es fehle Frauen an Willen, Führungsverantwortung zu übernehmen. Sie befördern zugleich die Einsicht, dass weibliche Erfolgsgeschichten keinesfalls auf einen Fortschritt für die Gleichstellungspolitik reduziert werden dürfen. Wir brauchen sie gerade auch, um künstlerische, um kulturelle, um mediale Vielfalt zu steigern – und damit nicht zuletzt in Kultur und Medien Perspektiven und Potentiale hinzuzugewinnen.

Zur Begründung seines Frauenfußballverbots griff der DFB unter anderem auf eine 1953 veröffentlichte Studie eines niederländischen Psychologen zurück, der den Fußballsport zur „Demonstration der Männlichkeit“ erklärt: „Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob das Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nichttreten weiblich.“

Gegen vergleichbare Klischees in Kultur und Medien ist harte Abwehrarbeit angesagt. Ich denke, dass meine designierte Nachfolgerin Claudia Roth dafür steht, den konsequent eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen. Sie wird dabei die vielen in jüngerer Zeit ernannten Frauen in wichtigen Kulturpositionen an ihrer Seite haben.

Monika Grütters ist Kulturstaatsministerin.