Sex mit vertrauten Part­ne­r:in­nen: Von wegen Lustkiller

Sex in Langzeitbeziehungen hat einen schlechten Ruf. Dabei ist er doch so viel vertrauter und intimer als ein One-Night-Stand.

Ein älterer Mann und eine aeltere Frau frühstücken im Bett

Ehepaar (hier noch angezogen): Routine ist, wenn die Abläufe verlässlich zum Orgasmus führen Foto: Ute Grabowsky/imago images

Sex in Langzeitbeziehungen hat einen schlechten Ruf. Das Internet ist voll von Service-Artikeln darüber, was man gegen die Langeweile im Bett tun kann, die sich angeblich automatisch einstellt, wenn man sich lange kennt. Ich finde: Sex mit vertrauten Part­ne­r:in­nen – egal ob Freundschaft plus, längerfristige Affäre oder Liebesbeziehung – ist großartig und wir sollten ihn mehr zu schätzen wissen. Ich erinnere mich an genau einen One-Night-Stand, bei dem der Sex überwältigend gut war.

Ansonsten mag ich erste Male meist wegen der Geschichte: „Und dann fielen wir im strömenden Regen auf dem Dach übereinander her.“ Der Sex selbst war aber meistens eher mittelmäßig. Spannung trägt sicher ihren Teil zu gutem Sex bei, ist aber eben nur eine Zutat von vielen. Und wenn sie in Unsicherheit und Performance-Druck umschlägt, ist das sogar kontraproduktiv.

Studien zeigen, dass Frauen in längerfristigen Beziehungen häufiger zum Orgasmus kommen als bei One-Night-Stands. Eine Studie unter heterosexuellen Studentinnen in den USA zeigt, dass nur 11 Prozent der Befragten beim ersten Mal mit einem neuen Sexpartner zum Orgasmus kamen. Nach mindestens dreimal Sex mit dem selben Partner kamen 34 Prozent, in Beziehungen, die länger als 6 Monate gingen, waren es 67 Prozent. Die Teilnehmerinnen betonten, wie wichtig es für guten Sex sei, den Körper und die Vorlieben der anderen Person kennenzulernen. Auch Liebe und Zuneigung spielte für viele eine Rolle.

Das Forschungsteam fand außerdem heraus, dass bei unverbindlichen Hetero-Hookups immer noch die Lust des männlichen Partners im Vordergrund stand – und zwar für beide Geschlechter. Das heißt: Männer gaben sich weniger Mühe, ihre Sexpartnerin zu befriedigen, wenn es sich um eine einmalige Sache handelte. Frauen fühlten sich gleichzeitig weniger berechtigt, ihre Bedürfnisse zu äußern und ihre Befriedigung einzufordern, als in einer Beziehung.

Patriarchale Einstellungen tragen also ihren Teil dazu bei, dass casual Hetero-Sex für Frauen oft wenig befriedigend ist. Mein einer überwältigender One-Night-Stand war übrigens mit einer Frau. Nichtsdestotrotz bringt gegenseitiges Vertrauen beim Sex für alle Geschlechter einiges an Vorteilen mit sich: Es wird leichter, auszusprechen, was uns gefällt und was nicht. Wir fühlen uns sicherer, neue Dinge auszuprobieren. Wir haben weniger Angst, uns zu blamieren, verspüren weniger Leistungsdruck und können uns mehr entspannen. Vertrauen kann ziemlich sexy sein – braucht aber eben seine Zeit, manchmal mehr, manchmal weniger.

Und die Routine, von der alle sprechen, die sich angeblich unausweichlich mit der Zeit einschleicht und die Lust killt? Ganz ehrlich: Routine bedeutet einfach, dass sich bestimmte Abläufe in unserem Alltag wiederholen. Wenn diese Abläufe mich verlässlich zum Orgasmus bringen, habe ich, glaube ich, wenig gegen Routine.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Lou Zucker ist Journalistin und Autorin. Als Redakteurin arbeitete sie für neues deutschland, Supernova, bento und Der Spiegel, derzeit ist sie Chefin vom Dienst bei taz nord in Hamburg. Ihr Buch „Clara Zetkin. Eine rote Feministin“ erschien in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.