5 Gründe für die Impfungerechtigkeit
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4. Die herstellenden Länder haben die Macht

Beispiel: Indien

Impfquote 1. Dosis: 54,3 %

Coronatodesfälle: über 460.000

Ein Blick auf die globale Verteilung von Covid-19-Impfstoffen zeigt, dass viele größere Länder des sogenannten globalen Südens schlecht abschneiden. Bis auf eines: Indien. An die 30 Millionen Corona-Vakzindosen werden weltweit täglich verimpft, etwa 10 Prozent davon alleine in Indien. Folgt man den Zahlen des Gesundheitsministeriums, ist jeder zweite Erwachsene mittlerweile mindestens einmal geimpft. Und das hat das Land auch seiner starken Pharmaindustrie zu verdanken. Der größte Akteur ist dabei das Serum Institute of India (SII) aus dem westindischen Pune. Ampullen aus seiner Produktion haben schon vor der Pandemie Kinder und Erwachsene weltweit gegen verschiedene Krankheiten immunisiert.

Die Macht der Länder mit starker Pharmaindustrie bekommt Indien allerdings nicht nur im Positiven zu spüren. Weil Großbritannien die Impfung mit Covishield, dem indischen AstraZeneca, nicht bei der Einreise akzeptierte, kam es zu diplomatischen Auseinandersetzungen. Dem Impfstoff Covaxin, mit dem sich vor allem Staatsbedienstete hatten impfen lassen, wurde erst Anfang November von der WHO eine Notfallzulassung erteilt. Eine internationale Anerkennung bedeutet das nicht, auch wenn Indiens Außenminister stolz verkündet, die Landesimpfungen seien nun in 96 Ländern akzeptiert. In Deutschland etwa wird Covaxin nur bei zwingendem Reisegrund als Ausnahme anerkannt. Beide indischen Impfstoffe sind bisher auch noch nicht für den EU-Impfpass zugelassen.

Die Hoffnung, dass Indien – anstelle des Westens – ärmere Länder mit günstigen Impfdosen beliefert, ist bisher auch noch nicht aufgegangen. Aus Indien wurden 66 Millionen Dosen exportiert, doch nach hohen Infektionsfällen im eigenen Land stoppte die Regierung vor einem halben Jahr trotz Verträgen des SII mit Covax die Ausfuhr.

Entgegen ihren Versprechen erhöhten die indischen Impfstoffhersteller daraufhin auch nicht die Produktion. Es mangelte wohl an einer weiteren Finanzierung. Später hieß es vonseiten des SII, dass Ausfuhrverbote von Rohstoffen und Produktionsmitteln (etwa aus den USA) die Aufstockung verzögerten.

Der Impfstoffexport soll jedoch bald wieder anlaufen. Laut Reuters hat Indien die Kapazitäten, jährlich 3 Milliarden Covid-Impfdosen herzustellen. Für weitere Impfstoffe laufen vielversprechende Studien oder sie stehen kurz vor der Zulassung. Doch ohne Einsicht des Westens wird das nicht helfen. Natalie Mayroth