Tennisprofi in China verschwunden: Wo ist Peng Shuai?

Weltklasseprofi Peng Shuai wirft dem Vize-Premierminister Vergewaltigung vor. Nun weiß niemand, wo sie ist. Die Profikollegen sind besorgt.

Die TEnnisspielerin Peng Shuai beim Aufschlag

Spurlos verschwunden: Tennisspielerin Peng Shuai Foto: ap/Euler

Es war, als hätten alle nur darauf gewartet, dass sich endlich jemand zu Wort meldet. „Peng Shuai und alle Frauen verdienen es, angehört und nicht zensiert zu werden“, sagte Steve Simon, Chef der Damentennis-Organisation WTA, am Sonntagabend. Wenig später erhoben endlich auch aktive Profis ihre Stimme. „Wir sind alle besorgt“, twitterte etwa Nico Mahut, Sieger der diesjährigen French Open.

Die Solidaritätsbotschaften mit der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai sind eindeutig, doch sie kommen reichlich spät. Bereits zu Beginn des Monats hatte die 35-jährige Peng Shuai auf der chinesischen Onlineplattform Weibo ihre Affäre mit dem ehemaligen Vize-Premierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht. Darin sprach sie von wahrer Liebe und später enttäuschten Gefühlen. Doch bei mindestens einer Gelegenheit habe der heute 75-jährige Politiker sie zum Geschlechtsverkehr gezwungen – gedeckt von seiner Ehefrau.

Seither wird der Vorfall im chinesischen Netz vollständig zensiert. Doch wesentlich besorgniserregender: Auch Peng selbst ist nicht mehr auffindbar. Zuletzt schlugen chinesische Feministinnen Alarm, da sie auch um die körperliche Versehrtheit der Athletin besorgt sind.

WTA-Chef Simon, der eine unabhängige Untersuchung fordert, kündigte nun an, eventuell keine Geschäfte mehr mit China zu machen. Dabei veranstaltet die WTA jährlich elf finanziell lukrative Turniere in der Volksrepublik und hat erst kürzlich einen extrem profitablen 10-Jahres-Vertrag mit dem Austragungsort Shenzhen abgeschlossen.

Doch natürlich wird sich Chinas Staatsführung von solchen Ansagen nicht beeindrucken lassen. Der Machterhalt der Kommunistischen Partei ist die oberste Maxime, dem sie alles andere unterordnet – auch das internationalen Prestige.

Die Internetzensur wirkt

Die moralische Scheinheiligkeit Pekings ist offensichtlich: Als im Juli junge Frauen dem kanadisch-chinesischen Sänger Kris Wu sexuelle Belästigung vorwarfen, wurde dieser nicht nur umgehend verhaftet, sondern auch von den Staatsmedien moralisch verdammt. Als nun jedoch Peng Shuai schwerwiegende Vorwürfe gegen einen führenden Politiker öffentlich erhob, reagiert das System mit Vertuschung.

In China selbst jedoch bekommt nur eine Minderheit der Menschen überhaupt etwas von der Angelegenheit mit. Die Zensur geht so weit, dass selbst Nutzer ihre Social-Media-Accounts gesperrt bekamen, nachdem diese sich in rein privaten Chats über den Vorfall Peng Shuai ausgetauscht hatten.

Die Causa sollte auch angesichts der im Februar in Peking stattfindenden Olympischen Winterspiele ein endgültiger Weckruf für die internationale Staatengemeinschaft sein, auf welchen Gastgeberstaat man sich dort einlässt. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Athleten in China gecancelt, weil sie die Menschenrechtsverbrechen Pekings öffentlich kritisiert hatten – bestes Beispiel ist Mesut Özil, der 2019 die Unterdrückung der Uiguren in Xinjiang anprangerte. Vereine und Sportverbände solidarisieren sich meist nicht, da jede Kritik mit wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen aus China einhergeht.

Doch im Gegensatz zu ausländischen Athleten steht bei chinesischen Staatsbürgern nicht nur das Einkommen auf dem Spiel. Peng Shuai soll sich laut WTA-Chef Simon in Sicherheit befinden, allerdings muss der Sportfunktionär in einem Interview mit der New York Times zugeben, dass bisher niemand imstande war, Kontakt mit ihr aufzunehmen.

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