Die Klimakonferenz und die Ampel: Jenseits der Komfortzone

Will die neue Regierung das Klima ernst nehmen, muss sie unpopuläre Entscheidungen treffen. Ein grün gefärbtes Weiter-so reicht da nicht.

Eine Person, von hinten fotografiert, schaut auf eine rot gefärbte Weltkarte.

Last Call: Deligierter der Klimakonferenz in Glasgow schaut auf einen Bildschirm mit Klimadaten Foto: Yves Herman/reuters

Die neuen Zahlen zu den Klimaversprechen der Länder, die auf dem UN-Gipfel präsentiert wurden, lassen zwei Schlüsse zu: Für eine Chance, die weltweite Erderhitzung bei 1,5 Grad zu regulieren, muss drastischer Klimaschutz sofort beginnen. Und: Ehrgeizige Ziele in 30 Jahren nutzen uns nichts, wenn wir nicht jetzt den Weg dahin festlegen.

Das aber wird nur funktionieren, wenn wir die Komfortzone verlassen. Wir haben 30 Jahre versäumt. Jetzt steht ein Crashkurs an. Und das werden wir merken – nicht, indem wir alle verarmen oder verzweifeln, aber indem wir unsere Gewohnheiten im Verkehr, in der Industrie, der Landwirtschaft und so weiter grundsätzlich ändern. Wir kennen die Pfade, aber sind zu bequem, sie auch einzuschlagen.

Was uns direkt zu den aktuellen Koalitionsverhandlungen führt. Da wehren sich vor allem FDP und Teile der SPD dagegen, eben das zu tun: die Komfortzone zu verlassen. Denn das hieße, harte Entscheidungen zu treffen und unpopuläre Debatten auszuhalten. Aus Glasgower Sicht gilt es, das zu tun, was die Zahlen und unsere 30 Jahre Trödelei verlangen.

Mit ein bisschen grün angestrichenem Weiter-so ist das nicht getan, das kann man auf dem UN-Gipfel sehen. Wenn sich die Beharrungskräfte in einer Ampelregierung durchsetzen und nur der kleinste gemeinsame Nenner möglich ist, wird Deutschland den Weg in den klimaneutralen Wohlstand nicht finden. Was nötig ist, kann man Mut nennen oder Einsicht in die Notwendigkeit oder eine Vision oder einen großen Wurf. Man kann auch daran erinnern, wie sich Olaf Scholz im Wahlkampf als Klimakanzler geriert hat.

Das ist alles zweitrangig. Wichtig und richtig bleibt: Eine klimagerechte Zukunft kommt nicht von allein. Wer sie jetzt nicht festschreibt, weil er im Schlafwagen zum Klimaschutz will, der rollt aufs Abstellgleis. Und wer zu bequem ist, um seine Komfortzone beim CO2-Preis, Erneuerbaren-Ausbau, bei modernen Gebäuden, zukunftsfähiger Industrie und all dem zu verlassen, der führt uns alle dahin, wo niemand sein will: jenseits der Komfortzone von 1,5 Grad Celsius.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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