Attentat auf Iraks Premierminister: Machtprobe mit Drohnen im Irak

Auf Premierminister Mustafa al-Kadhimi gab es ein versuchtes Attentat. Proiranische Kräfte setzen im Irak jetzt auf Eskalation.

Das Plakat mit dem irakischen Premierminister in Häftlingskleidung hinter Gittern wird angezündet

Unterstützer von shiitischen Milizen verbrennen das Portrait von Premierminister Mustafa al-Kadhemi Foto: Thaier Al-Sudani/reuters

KAIRO taz | Iraks Regierungschef Mustafa al-Kadhimi hat Glück. Er hat einen Anschlag auf sein Haus in der schwer bewachten Grünen Zone im Zentrum Bagdads unversehrt überlebt. Eine Drohne, beladen mit Sprengstoff, war in der Nacht zum Sonntag auf sein Haus niedergegangen. Sechs seiner Bodyguards wurden dabei verletzt. Das irakische Fernsehen zeigte Bilder von beschädigten Teilen des Hauses. Zwei weitere Drohnen, die an dem Angriff beteiligt waren, konnten abgefangen werden, so das Innenministerium.

Al-Kadhimi erschien kurz darauf auf Twitter mit einer Videobotschaft, um zu zeigen, dass er unverletzt war, und rief dazu auf, Ruhe zu bewahren. „Feige Raketen und Drohnen bauen keine Nationen“, erklärte er. Er rief zu einem „besonnenen und konstruktiven Dialog“ auf, um Iraks Zukunft auszuhandeln.

Obwohl bisher niemand sich für den Anschlag verantwortlich erklärt hat, deutet vieles auf die vom Iran kontrollierten Parteien und ihre Milizen. Sie hatten dem Premier mehr oder weniger offen gedroht. Er hatte im April 2020 sein Amt mit dem Versprechen angetreten, den ausländischen Einfluss auf die irakische Politik einzudämmen.

In einem direkten politischen Angriff auf die vom Iran kontrollierten schiitische Milizen forderte er auch das staatliche Gewaltmonopol ein. „Ich tanze mit Schlangen“, merkte der Premier beim letzten Besuch in London dazu an.

Eskalation der innenpolitischen Spannungen

Später setzte er vorgezogene Neuwahlen im Irak an, aus denen die Gruppierungen im Orbit des Iran als die großen Wahlverlierer hervorgegingen. Hatten sie bei den Wahlen 2018 noch 57 Sitze im irakischen Parlament gewonnen, waren es bei den Neuwahlen am 10. Oktober dieses Jahres nur noch 17.

Vom Iran kontrollierte Parteien weigern sich bis heute, dieses Wahlergebnis anzuerkennen. Erst am Freitag kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen an den Eingängen zur Grünen Zone, wo die Anhänger dieser Parteien zu einem Protest gegen die angeblich gefälschten Wahlen zusammengekommen waren. Als die Demonstranten versuchten, sich mit Gewalt Eingang zur Grünen Zone zu verschaffen, reagierten die Sicherheitskräfte mit Tränengas und Schüssen. Ein Demonstrant kam ums Leben, Dutzende Sicherheitskräfte wurden verletzt.

Abu Ali al-Askari, ein Sprecher einer dieser Parteien, der „Irakischen Hisbollah“, stritt die Beteiligung seiner Partei an dem Anschlag auf den Premierminister in einem Tweet sarkastisch ab. Niemand sei bereit, eine Drohne zu verlieren mit dem Ziel des, wie er ihn nannte, „ehemaligen Premierministers“. Um dann auszuführen: „Wer immer diesem Mann Böses will, da gibt es billigere und sichere Wege“.

Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums, Said Khatibzadeh, verurteilte den Anschlag und machte indirekt die USA dafür verantwortlich. Er sprach von einer Verschwörung. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, verurteilte das Attentat ebenfalls. Es sei auf das Herz des irakischen Staates gerichtet, erklärte er.

Wer auch immer hinter diesem versuchten Mordanschlag steckt, er stellt eine dramatische Eskalation der innenpolitischen Lage im Irak dar. Wenn tatsächlich eine der schiitischen Milizen dahintersteckt, bedeutet das, dass sie al-Kadhimi mit allen Mitteln loswerden wollen und auch zu einer direkten Konfrontation bereit sind. Reagiert der Staat nicht, dann läuft er Gefahr, dass derartige Anschläge zur Normalität werden.

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