Banker bleibt Scholz-Vertrauter: Jörg Kukies in Kanzler-Boygroup

Der ehemalige Investmentbanker zieht als Leiter der Abteilung Wirtschaft und Finanzen ins Kanzleramt. Für Olaf Scholz eine zentrale Schaltstelle.

Joerg Kukies

Jörg Kukies wird Teil der neuen SPD-Boygroup im Bundeskanzleramt Foto: Bernd von Jutrczenkavia reuters

BERLIN taz | Olaf Scholz mache den „Brandstifter zur Feuerwehr“, hieß es, als er den Investmentbanker mit den guten Anzügen vor drei Jahren als beamteten Staatssekretär ins Finanzministerium rief. Davon ist beim erneuten Jobwechsel von Jörg Kukies keine Rede mehr. Kukies verdient zwar keine Unsummen mehr wie einst bei Goldman Sachs, aber auch politische Gegner loben dessen Detailkenntnis und verbindliche Art.

Scholz holt den Ökonomen nun als Leiter der Abteilung Wirtschaft und Finanzen in die neue SPD-Boygroup im Bundeskanzleramt. Kukies' Staatssekretärs-Kollege Wolfgang Schmidt wird dort schon Chef.

An einem Sonntag im März 2018 hatte Kukies vom damals gerade frisch ernannten Finanzminister Scholz eine Kennenlern-SMS erhalten: Hessens einstiger SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel und die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hatten den Kontakt hergestellt. Nahles kannte Kukies gut: Er war Anfang der 1990er Jahre ihr Vorgänger als Chef der rheinland-pfälzischen Jusos gewesen.

Kukies, Jahrgang 1968, wuchs in Mainz in einer SPD-nahen Familie auf, um dann an der Pariser Sorbonne und in Harvard zu studieren. 2001 promovierte er in Finanzwesen in Chicago. Kurz zuvor hatte er bei der Investmentbank Goldman Sachs in London begonnen, 2014 wurde er Co-Chef der Bank für Deutschland und Österreich. Den Vorwurf, für einen Herzkammer-Sozialdemokraten den falschen Beruf zu haben, ließ Kukies nie gelten. Trotz Elite-Karriere ist er seit Jugendtagen in der SPD – und die steht nun mal für Aufstieg durch Bildung.

Genaue Rolle beim Wirecard-Skandal ungeklärt

Anfangs schlug dem Investmentbanker in Berlin Misstrauen entgegen. Und auch nicht alle Kukies-Projekte im Finanzministerium reussierten: Aus Scholz' Plan, die schwächelnde Deutsche Bank mit der Commerzbank zu fusionieren, wurde nichts. Auch die genaue Rolle der Behörde beim Wirecard-Skandal ist bis heute nicht geklärt. Offenbar drängte Kukies die staatliche KfW-Bank sogar, den betrügerischen Finanzdienstleister kurz vor der Pleite mit einem Kredit zu retten. Immerhin glaubte man Kukies zuletzt, er sei nur zufällig beim 50. Geburtstag von Wirecard-Chef Markus Braun aufgekreuzt. Federführend war er auch bei der Erfindung der Milliarden-Hilfen für Firmen in der Coronakrise.

Dass der künftige Kanzler Kukies nun ins Kanzleramt nachholt, ist kein Zufall. Es ist einer der wichtigsten Posten, die Scholz zu vergeben hat. Er bereitet hier nicht nur internationale Gipfel wie G7 und G20 vor, er koordiniert und kontrolliert auch die Arbeit der Ministerien der Chefs der zwei Koalitionspartner FDP und Grüne, Christian Lindner (Finanzen) und Robert Habeck (Wirtschaft).

Der frühere Linken-Finanzexperte Fabio De Masi war einst einer der schärfsten Kritiker von Kukies. Heute findet er ihn fachlich versiert und „als Mensch einen guten Typen“. Allerdings sei Kukies ein bisschen zu sehr Investmentbanker geblieben: „Deutschland ist nicht Goldman Sachs“, mahnt De Masi.

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