Coronavirus in Dänemark: Die Zahlen steigen wieder

Vor kurzem hat Dänemark alle Coronamaßnahmen fallengelassen. Nun steigen die Inzidenzen, doch für strengere Regeln gibt es keine Mehrheit.

Ein Werbeplakat für Coronatests in Kopenhagen

In Kopenhagen machen Plakate Werbung für Coronatests Foto: imago

STOCKHOLM taz | Vor acht Wochen verabschiedete sich Dänemark von allen Coronarestriktionen. Angesichts steigender Inzidenz mehren sich nun aber die Stimmen, die ein Zurück zu einigen früheren Maßnahmen fordern.

„Die Ansteckungszahlen steigen mehr als das, womit wir gerechnet hatten. Deshalb wäre es eine gute Idee, wenn wir etwas tun würden, um sie zu begrenzen“, sagte beispielsweise Søren Riis Paludan, Professor für Virologie und Immunologie an der Universität Aarhus am Dienstag. Auch Christian Wejse, Lektor für Volksgesundheit an derselben Universität, sagt: „Die Zahlen sollte man ernst nehmen.“ Masken etwa hätten keinen wirklich großen Effekt, doch könnten sie das Ansteckungsrisiko verringern.

Die Zahlen, die zu dieser Einschätzung führen: Von der vorletzten zur vergangenen Woche stieg die Zahl registrierter Infektionen um 139 Prozent, am Dienstag wurde mit 1.981 neuen Fällen die höchste Tageszahl seit dem 4. Januar gemeldet. Die aktuelle 7-Tage-Inzidenz liegt in Dänemark mit 199 pro 100.000 EinwohnerInnen mit weitem Abstand an der Spitze der skandinavischen Länder und ist höher als in Deutschland. Aus einigen Vororten Kopenhagens werden Inzidenzen von über 600 gemeldet.

Die Zahl der PatientInnen, die eine Klinikbehandlung benötigen, verdreifachte sich binnen eines Monats von 83 auf 264. Sie ist damit höher als vor einem Jahr und so hoch wie seit dem 19. Februar nicht mehr. Die Zahl der PatientInnen auf Intensivstationen beträgt allerdings nur 30.

Impfquote liegt bei 85,85 Prozent

Als Dänemark am 10. September nach 584 Tagen das Ende aller Coronarestriktionen verkündete, wurde das vor allem mit der Impfquote begründet. Damit habe man „Corona unter Kontrolle, nun können wir die Früchte unserer harten Arbeit ernten“, erklärte Gesundheitsminister Magnus Heunicke. Die Impfquote ist zwischenzeitlich bei den vollständig Geimpften über 12 Jahren auf 85,85 Prozent gestiegen. Die Impfbereitschaft der Ungeimpften könne man vielleicht mit der Wiedereinführung des Coronapasses für den Besuch von Restaurants und Kulturveranstaltungen beleben, schlägt Eskild Petersen, Professor (em.) für Infektionskrankheiten, vor.

Eine 100-prozentige Garantie aber geben die Impfungen nicht – das zeigt auch die wachsende Zahl von Impfdurchbrüchen, die das staatliche Serum-Institut am Montag mit 0,5 Prozent aller vollständig Geimpften angab. Das Institut rechnet mit einem weiteren Anstieg: „Weil sich der Impfeffekt abschwächt, müssen in Dänemark mehr und mehr mit solchen Impfdurchbrüchen rechnen.“ Die Prozentzahl der in Dänemark registrierten Impfdurchbrüche liegt mehr als doppelt so hoch wie die vom RKI zuletzt für Deutschland genannte Rate von 0,2 Prozent.

Gesundheitsminister Heunicke kündigte vergangene Woche nur ein deutlich erweitertes Testangebot an. Für mehr Maßnahmen benötigt die sozialdemokratische Minderheitsregierung eine Mehrheit im Parlament – die gibt es derzeit nicht. „Wenn es neue Varianten gibt, gegen die die Impfstoffe nicht wirken, könnte man darüber nachdenken“, so Peder Hvelplund, gesundheitspolitischer Sprecher der linken Einheitsliste: „Aber das ist derzeit kein realistisches Szenario.“

Sein Kollege Martin Geertsen von der rechtsliberalen Venstre sieht das ähnlich: „Es müsste eine Bedrohung gesellschaftskritischer Funktionen vorliegen, und die haben wir nicht.“ Angesichts ihres derzeitigen Umfragetiefs werden sich die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen wohl auch hüten, das Thema vor den Kommunalwahlen am 16. November anzugehen.

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