Ihr wollt es doch auch

Frauen sind schuld an Telenovelas und Pilcher-Filmen, heißt es – höchste Zeit, sich mal mit männeraffinem Fernsehen zu beschäftigen. Etwa mit „GQ Gentlemen’s World“ (23.15 Uhr, Pro7)

VON CHRISTOPH SCHULTHEIS

Spätestens nach dem ARD-„Morgenmagazin“ geht’s los: mit „Reich und schön“, „Vera am Mittag“, „Einsatz in 4 Wänden“, „Bianca – Wege zum Glück“ und „Verliebt in Berlin“, mit „leute heute“, „Blitz“, „taff“, „Prompt“, „Brisant“, „Explo-“ und „Exclusiv“ natürlich sowie mit all diesen Gerichts-, Beratungs-, Stylingshows und „Sex and the City“-Serien. Vielleicht hört es auch nie auf, das so genannte frauenaffine Fernsehen, das sich sogar nach Mitternacht noch mit den „Golden Girls“, mit „Blitz“-, „Exclusiv“- und „Prompt“-Wiederholungen vom Vortag zum nächsten „Morgenmagazin“ durchmogelt.

Kein Wunder, möchte man da meinen, dass sich der ehemalige „Frauensender“ tm3 vor Jahren schon verabschiedete, wenn Frauenfernsehen das Programm so dominiert. Kein Wunder auch, dass Barbara Sichtermann mittlerweile ein ganzes Buch über „Frauen und Fernsehen“ geschrieben hat und Frank Schirrmacher immerhin einen Text über Frauen im Fernsehen, wohingegen ein etwaiges „Männerfernsehen“ nie Thema war – grad so, als hätte keiner gemerkt, dass es kaum existiert.

Wer allerdings in einer Programmzeitschrift blättert oder auch nur den Fernseher anmacht, wird nicht viel finden, was Männer so gezielt anspricht, wie es „Sex and the City“ oder „Frauenarzt Dr. Mertin“ bei Frauen tun (sollen). Nein, es scheint, als blieben Männern nur „Sportschau“, „Tagesthemen“ und die „Sexy Sport Clips“ auf DSF. Aber selbst das ist Unsinn: Die „Tagesthemen“ werden zwar von Anne Will moderiert, aber zu 53 Prozent von Frauen angeschaut, die DSF-Clips haben im Schnitt überhaupt nur 60.000 Zuschauer. Und selbst bei der „Sportschau“ ist jeder dritte Zuschauer längst eine Zuschauerin.

Um echtes Männerfernsehen anzuschauen, muss man als Mann heutzutage schon „Gottschalk & Friends“ einschalten und darauf warten, dass dort – wie am Dienstagabend – eine langbeinige Mariah Carey zwischen fünf testosterongesteuerten Hallodris auf dem Talksofa sitzt und Rudi Carrell (unkommentiert vom Moderator) sagen darf, dass er beim Anblick von Frau Carey wieder wisse, warum er „damals nicht schwul geworden“ sei … Da kann man dann schon froh sein, wenn sich auch andere Gründe finden lassen, warum männeraffines Fernsehen eine so unattraktive Angelegenheit ist – etwa dass Männer seltener zu Hause sind als Frauen, pro Tag durchschnittlich knapp 30 Minuten weniger fernsehen und, wie Marktforscher herausgefunden haben, gerade mal 20 Prozent aller Kaufentscheidungen beeinflussen, was den Mann insbesondere fürs werbefinanzierte TV vergleichsweise irrelevant macht.

Umso erstaunlicher, dass heute auf Pro7 die Fernsehversion des Männermagazins GQ startet und „GQ TV“-Moderator Aiman Abdallah behauptet: „So ein Format fehlte bislang noch.“ Man könnte auch sagen: So ein Format hat uns gerade noch gefehlt – zumal es nicht mal stimmt, weil das angeblich „das erste Männer-Lifestylemagazin im deutschen Fernsehen“ eigentlich das zweite ist. Auf DSF läuft schließlich schon seit über einem Jahr (seit heute sogar direkt vor „GQ TV“) der Männermagazin-Ableger „Maxim TV“, der auch „Lifestyle für Männer“ zeigen will. Und während „Maxim TV“ immerhin von den „Tagesthemen“ gelernt und mit Collien Fernandes eine Moderatorin verpflichtet hat, ist Pro7 für „GQ TV“ bloß eingefallen, den „Galileo“-Ansager Abdallah vor die Kamera zu stellen: „Stellen Sie sich vor, Ihr Vater ist Niki Lauda und will Ihnen verbieten, Rennfahrer zu werden …“ sagt Abdallah, und der anschließende endlose Bericht über die Lauda-Söhne ist tatsächlich mit Babyfotos (Babyfotos!) angereichert!

Es folgt, auch das soll nicht verschwiegen werden, ein endloses PR-Filmchen über „Riva-Boote“, in dem es Pro7 gelingt, siebenundzwanzigmal das Wort „Riva“ unterzubringen, bevor der ehemalige Bunte-Chefreporter Kurt Molzer als „Mann mit Mut“ erfolglos Frauen in Fußgängerzonen mit dem Satz „Willst du mit mir schlafen?“ belästigt. Dabei war von Chauvinistenfernsehen doch bislang gar nicht die Rede.