Bürgermeisterwahlen in New York: Ein Ex-Cop für New York

Für die Linke bei den US-Demokraten ist er ein Rechter: Am Dienstag wird wohl der Ex-Polizist Eric Adams zum New Yorker Bürgermeister gewählt werden.

Der Schwarze Eric Adams lächelt für ein Selfie mit einer Wählerin

Wird wohl bald New York regieren: Der Demokrat Eric Adams (r.) im Wahlkampf Foto: rtr

NEW YORK taz | Der neue Bürgermeister von New York wird vor einem Hintergrund von Müllbergen am Straßenrand gewählt, die täglich höher wachsen. Am Tag vor den Kommunalwahlen ist am 1. November ein Ultimatum abgelaufen, das alle Beschäftigten der größten Stadt der USA verpflichtet, sich gegen Covid impfen zu lassen. Tausende haben entschieden, eher ihre Arbeit aufzugeben, als sich dem zu beugen. Ihre Verweigerung trifft neben der Müllabfuhr auch die Feuerwehr und die Polizei.

Der 61-Jährige, der mit hoher Wahrscheinlichkeit das Rennen in New York machen wird, kennt zumindest eine der widerständigen Behörden von innen. Eric Adams war früher einmal selbst Polizist. Später wurde er Senator im Bundesstaat New York. Dann Präsident seines Heimatbezirks Brooklyn.

Aus den Vorwahlen der Demokratischen Partei ist er unter anderem deswegen als Sieger hervorgegangen, weil er für Recht und Ordnung und für ein entschlossenes polizeiliches Vorgehen gegen Gewaltverbrechen eingetreten ist. Der Afroamerikaner hat sowohl die Mehrheit der Stimmen der braunen und schwarzen Wähler als auch der älteren Demokraten seiner Stadt hinter sich. Zugleich ist er der Kandidat, der die Unterstützung des einflussreichen New Yorker Immobiliensektors und vieler Geschäftsleute genießt.

Eric Adams nennt sich selbst „progressiv“. Aber für Linke war er im Vorwahlkampf im Sommer klar ein „Mann vom rechten Parteiflügel“. Es entbehrte nicht der Ironie, das nach einem Jahr, das in New York von Black Lives Matter und Defund the Police! geprägt war, ein Cop als Sieger aus den Vorwahlen hervorgegangen ist.

Polizeiunterstützer auf dem Vormarsch

Er war dicht gefolgt von zwei Frauen. Beide – die ehemalige Chefin der Müllabfuhr, Kath­ryn Garcia, und die schwarze Bürgerrechtsaktivistin Maya Wiley, traten für mehr zivile Kontrolle der Polizei ein, wollten den Polizeihaushalt kürzen und die Mittel an soziale und medizinische Dienste der Stadt umleiten. Beide Frauen spürten die politischen Nachwirkungen des Rufs nach „Abschaffung der Polizei“, der nach dem Mord an George Floyd quer durch die USA gegangen war.

Es war – so analysieren inzwischen viele Linke in den USA – keine kluge Forderung. Vielerorts reagierte die Polizei darauf mit Dienst nach Vorschrift und Blockade. Quer durch das Land stiegen die bewaffneten Gewalttaten. Und bei Vorwahlen konnten Polizeiunterstützer in beiden Parteien Punkte sammeln.

Der mutmaßlich nächste Bürgermeister von New York, dem die Umfragen 30 bis 40 Prozentpunkte Vorsprung prognostizieren, will die Polizei nicht unkontrolliert gewähren lassen. Als 15-Jähriger ist er selbst auf einer Wache verprügelt worden. Adams sagt, dass er bei der Gelegenheit entschieden hat, selber eines Tages die Uniform zu tragen, um die Polizei von innen zu verändern. Als Polizeikapitän sprach er sich immer wieder gegen Rassismus seiner Kollegen aus.

Im Laufe seiner Karriere ist auch Adams unter Rassismusverdacht geraten. So, als er dem aus einer Einwandererfamilie stammenden Bezirkspräsidenten der Bronx, Herman Badillo, zur Hochzeit den unerbetenen Rat erteilte, er solle statt einer weißen jüdischen Frau besser eine Latina heiraten. Von solchen Bemerkungen hat Adams sich distanziert. Und bei der Polizei will er jährlich „500 Millionen Dollar“ einsparen und sie an zivile Dienste umleiten.

Soziale Krise im Mittelpunkt der politischen Versprechen

New York war nicht nur das erste große Opfer der Pandemie in den USA. Es leidet auch stärker an den ökonomischen Spätfolgen. Der Tourismus ist weiterhin am Boden. Ganze Stadtteile, deren Hochhaustürme auf Büroarbeiten konzentriert sind, haben sich entvölkert. Die Arbeitslosigkeit in der Stadt ist mit über 9 Prozent fast doppelt so hoch wie im Rest des Landes.

Besonders betroffen sind die unteren Einkommensgruppen und die Mieter. Ein Viertel der New Yorker zahlt mehr als die Hälfte seines Einkommens für Miete. Vielen, die gar nicht mehr zahlen können, droht nach Ablauf des Schutzes vor Wohnungsräumungen Ende Januar die Obdachlosigkeit.

Der angehende Bürgermeister hat versprochen, dass er die Krise in den Mittelpunkt seiner politischen Tätigkeit stellen wird. Er will Sozialwohnungen bauen. Er will Geschäftsleute ökonomisch unterstützen. Und er will zusätzliche Krankenhausplätze für psychisch Kranke schaffen.

An dem Impfmandat, dass der scheidende Bürgermeister Bill de Blasio eingeführt hat, und auch an der Verpflichtung, beim Essen in einem Restaurant einen Impfpass vorzulegen, will Adams festhalten.

Die Linken in der Stadt, die bei den Primaries gegen Adams gekämpft haben, sind inzwischen sicher, dass er sich als Bürgermeister für sie öffnen muss. Denn ihre Kandidaten werden bei den Kommunalwahlen am Dienstag zahlreiche wichtige Positionen in der Stadt erobern. Adams wird auf die Zusammenarbeit mit ihnen angewiesen sein.

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