Bald zurück zum 14:0

Eine Falschmeldung bringt eine Zulassung von Frauen in iranischen Fußballstadien wieder auf die Agenda. Aber eine Wende bleibt offen

Selber Ort, andere Zeit: das Azadi-Stadion 2019, bei der WM-Qualifikation zwischen Iran und Kambodscha Foto: dpa

Aus Beirut Julia Neumann

Azadi heißt das Stadion in Teheran, in dem die iranische Fußballnationalmannschaft ihre Länderspiele bestreitet – Azadi bedeutet „Freiheit“. Doch so frei ist das Stadion nicht, noch immer ist es Frauen in der iranischen Republik offiziell untersagt, zu Spielen ins Stadion zu gehen. Die Meldung, das iranische Parlament stimme über den Einlass von Frauen in Fußballstadien ab, hat aber jetzt neuen Wind in die Sache gebracht.

Am Donnerstag berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim, das iranische Parlament wolle demnächst über die Zulassung von Frauen in Fußballstadien entscheiden. Der iranische Fußballverband (FFI) soll einen entsprechenden Entwurf vorgelegt haben. „Sobald dies genehmigt ist, wird die Anwesenheit von Frauen erlaubt sein“, soll FFI-Generalsekretär Hassan Kamranifar gesagt haben.

Doch zwei Tage später dementierte der iranische Fußballverband die Meldung. „Wir haben dieses Thema nie angesprochen und dementieren alle hiesigen Medienberichte diesbezüglich“, betonte der FFI in einer Presseerklärung am Samstag. Der Verband hoffe jedoch laut Nachrichtenagentur Isna weiterhin, dass auch Frauen demnächst in die Stadien dürfen.

Am selben Tag durften zumindest in Isfahan 1.200 Frauen ins Stadion. Einige trugen Kopftücher in den gelb-schwarzen Vereinsfarben, hielten gelbe Luftballons und schwenkten die Vereinsfahne. Doch sie feuerten nicht ihre Mannschaft bei einem Spiel an, sondern feierten lediglich ihr Team bei einer Sepahan-Mannschaftsveranstaltung.

Frauen ist der Zutritt zu Stadien seit über 40 Jahren untersagt, offiziell, um sie vor einem vulgären Umfeld und dem Anblick halbnackter Männer zu schützen. Das iranische Parlament wird von Ultrakonservativen dominiert, die Frauen unter anderem das Fahrradfahren untersagen. Auch beim Wrestling dürfen Frauen nicht zum Zuschauen in die Arena.

Manche widersetzen sich mit Protesten vor Stadien oder verkleideten sich als Männer, um eingelassen zu werden. Im September 2019 verbrannte sich die damals 29-Jährige Sahar Khodayari aus Protest selbst. Ihr drohte eine zweijährige Gefängnisstrafe, weil sie als Mann verkleidet ein Stadion betreten hatte. Aufgrund der Farben des von ihr unterstützten Fußballclubs wurde sie als „Blue Girl“ bekannt.

Zehn Tage nach dem Vorfall meldete sich der Weltfußballverband Fifa zu Wort und drohte den iranischen Machthabern indirekt mit einem Ausschluss von der WM 2022 in Katar. Am 19. September 2019 verkündete Fifa-Präsident Gianni Infantino, er sei „hoffnungsvoll, dass die iranischen Behörden unseren wiederholten Aufforderungen, diese inakzeptable Situation zu ändern, nachgehen“. Infantino habe die iranische Führung mehrmals kontaktiert. „Wir haben derzeit eine Delegation von Fifa-Mitgliedern im Iran und ich freue mich darauf, gute Nachrichten von ihnen zu hören.“

Grund des Verbots: ein vulgäres Umfeld und der Anblick halbnackter Männer

Mit ihrem Standpunkt hatte die Fifa zunächst Erfolg: Rund 3.500 Frauen schwenkten Fahnen, sangen und klatschten im Azadi-Stadion beim WM-Qualifikationsspiel der Männer am 10. Oktober 2019 gegen Kambodscha. Womöglich beflügelte die Anwesenheit der neuen Fans die iranische Mannschaft, die damals 14:0 gewann.

Gemeinsam mit den Männern grölen durften sie nicht: Die Frauenplätze wurden eingezäunt. Fotografinnen wurde der Eintritt versagt und Männer durften die Frauen nicht abbilden.

Außerdem war die Aktion nicht von langer Dauer. Bei dem Spiel gegen Südkorea, das für den 12. Oktober geplant war, wurden gleich gar keine Fans zugelassen – angeblich aufgrund von Corona. „Anstatt Frauen reinzulassen, bevorzugt es Irans Fußballverband, niemanden ins Stadion zu lassen“, schrieb die Aktivistin Maryam Shojaei auf Twitter. Sie hat die Aktion „Open Stadiums“ ins Leben gerufen, die sich gegen das Verbot einsetzt. Denn auf nationaler Ebene durften Frauen noch kein Spiel live im Stadion verfolgen.

Immerhin ist es kein Gesetz, sondern nur ein Verbot. Es stand sogar schon mal auf der Kippe: 2006 hob der damalige Präsident Mahmoud Ahmadinejad trotz der Einwände der Konservativen das Stadionverbot für Frauen auf. Er begründete seinen Vorstoß damit, dass Frauen Moral und Sittlichkeit in die Stadien brächten. Doch der oberste geistliche und politische Führer, Ali Khamenei, kippte die Entscheidung und führte das Verbot wieder ein.