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Wenn es auf dem Land an Organisten mangelt

Grunow,

356 Einwohner.

Das Dorf im Schlaubetal (Landkreis Oder-Spree) in Brandenburg hat nicht nur eine Kirche, sondern auch einen ­Dorfladen.

Der Pfarrer ist neu. Die Kirche ist alt. 1772. Fachwerk. Ostbrandenburg war noch nie reich. Noch älter ist der fliegende Engel aus Holz. Ein bisschen wie der von Barlach, aber der ist ja schon wieder zeitgenössisch.

Der neue Pfarrer hat sofort zugesagt. Er wird ein paar Worte sprechen zur Dorfkirchenlesung am Reformationstag. Musikalisch könnte sie begleitet werden von der Orgel. Die ist auch alt, aber vor einiger Zeit wurde sie restauriert. Nicht so richtig top, ein paar Pfeifen treffen den Ton nicht, aber geht schon okay.

Lesung und Orgel. Wer liest, steht fest. Aber wer spielt die Orgel? Am Tag der Lesung ist Gottesdienst in der Kreisstadt. Da muss auch eine Orgel gespielt werden. Der neue Pfarrer kommt ins Grübeln. Er selbst schafft beides, irgendwie. Hält erst den Gottesdienst in der Kreisstadt, dann kommt er zu uns nach Grunow. Er ist der Pfarrer vieler Dörfer und weiß, was er sagt: Wir stellen gerne Förderanträge, um alte Orgeln zu sanieren. Aber wir fragen nicht, wer sie spielen soll.

Kurz vor der Lesung hat der Pfarrer doch noch einen Organisten gefunden. Aber das Problem, sagt er, bleibt. Wer lernt auf dem Land noch ein Instrument? Ist das ein altes Problem oder ist es ein neues? Uwe Rada