kritisch gesehen
: Auf der Suche nach sich selbst

Bald zehn Jahre ist Samir Akika schon Hauschoreograf am Theater Bremen, da liegt diese, nun ja: Selbstbespiegelung schon auch nahe. „(Little) Mr. Sunshine“ heißt sie, und sie macht den Prozess des Inszenierens zum Thema der Inszenierung selbst. Also geht es um die Erwartungen von Performer und Publikum, um Verletzlichkeit und Scheitern, um den eigenen Anspruch und die ewigen Kämpfe gegen die Routine. Um den immer neuen Schritt aus der Komfortzone. Ja, es geht um das Verständnis von Tanztheater überhaupt.

Aber um es gleich zu sagen: Antworten gibt es keine. Dafür aber das Gefühl, an dieser Reflexion in all ihren Facetten ein wenig teilzuhaben. In diesem Falle ist das eine reine Männersache – für Frauen war in dem sechsköpfigen Ensemble aus den Reihen der ­„Un­usual Symptoms“ auf der Bühne kein Platz, warum auch immer.

Wobei die Bühne hier eh ein Schwimmbad ist. Wieso? Das bleibt im Ungefähren. Zu Beginn gibt es erst einmal gar keine Musik, dann tritt einer der Tänzer auf und erzählt aus seiner Biografie, hernach wird Applaus inszeniert. Und so weiter: „(Little) Mr. Sunshine“ ist eine eher assoziative, fußballspiellange Performance, die durchweg hervorragend getanzt ist und sich ansonsten sämtlicher theatralen Mittel bedient, so wie das bei Samir Akika häufiger der Fall ist. Manchmal gleitet das auch ins Abstruse, und manchmal ist es ein bisschen Spektakel.

Allerdings schreckt die Inszenierung auch nicht davor zurück, einzelne Ideen so lange zu wiederholen, bis es kolossal nervt. So gibt es eine wunderbar sensible, sinnliche, berührende Begegnung zweier Tänzer, die von einer minutenlange Schleife mit dem Satz: ­„Loneliness in me“ überlagert und schließlich ganz zermürbt wird. Schade.

Von der Musik hat sich die Inszenierung übrigens weitgehend emanzipiert – das sehr hörenswerte Live-Konzert mit klassischer Musik, gespielt von Piano und Geige, läuft eher neben dem Stück her, als dass es Teil desselben wäre. Andererseits gibt es zwischendurch ein ganz wunderbares Popmusik-Perfomance-Cover-Medley-Solo. Aber das Verhältnis von Musik und Tanz im zeitgenössischen Tanztheater ist ja auch eine der ganz grundsätzlichen Fragen. Jan Zier

„(Little) Mr Sunshine“:Mi, 10. 11., und Sa, 20. 11., jeweils 20 Uhr, Theater Bremen, Kleines Haus