George W. Bush verteidigt Guantánamo

US-Präsident weist bei seinem Dänemark-Besuch die Forderung der OSZE nach Schließung des Gefangenenlagers zurück. Auch einen Beitritt zum Kioto-Protokoll lehnt er ab. In Kopenhagen gehen rund 20.000 Menschen gegen Bush auf die Straße

VON REINHARD WOLFF

„Unter humanitären Gesichtspunkten ist dort alles vollständig in Ordnung“, wies US-Präsident George W Bush bei einem Staatsbesuch in Dänemark gestern die Forderung nach einer Schließung des Gefangenenlagers auf der US-Basis Guantánamo auf Kuba zurück: „Das Rote Kreuz kann kommen und sich davon überzeugen. Und jeder von Ihnen ist willkommen, sich ebenfalls davon zu überzeugen“, bemerkte er im Hinblick auf anwesende MedienvertreterInnen.

Bush reagierte damit auf die jüngste Kritik der Parlamentarischen Versammlung der OSZE an Guantánamo. Diese hatte am Dienstag eine Schließung des Lagers empfohlen. Wenn auch in verklausulierter Form, hatte zu Bushs offenbarer Irritation auch sein Gastgeber, der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen, diese Kritik aufgegriffen. Der US-Präsident betonte, dass eine Auflösung des Lagers erst in Frage käme, wenn alle Gefangenen dort „einen gerechten Prozess erhalten“ hätten. „Unser Rechtssystem arbeitet derzeit daran.“

Während sich Bush und Rasmussen über das beim G-8-Treffen anstehende Thema Afrika darin einig waren, dass das „korrupte Regime“ keine internationale Hilfe erhalten solle und die HIV- und Aids-Situation ein „Problem ist, das wir lösen müssen“, gab es in einem weiteren Punkt Dissens zum Gastgeberland: Ein Beitritt zum Kioto-Abkommen kommt für Bush trotz eines entsprechenden Appells Rasmussens nicht in Frage: „Das würde unsere Volkswirtschaft zerstören.“ Doch der Präsident tat immerhin kund: „Ich weiß, dass die Erde sich erwärmt und dass die von Menschen geschaffenen Treibhausgase dabei eine Rolle spielen.“

Ansonsten herrschte eitel Sonnenschein zwischen dem Präsidenten und dem dänischen Gastgeber, dem das Geburtstagskind Bush mit dem Lob: „Es ist schön, seinen 59. Geburtstag unter Freunden feiern zu können“ schmeichelte. Womit er aber neben Rasmussen selbst nur die DänInnen gemeint haben konnte, die noch mit der Außenpolitik seiner Administration einverstanden sind. Letzten Umfragen zufolge sind das 13 Prozent. Auch angesichts dieser Stimmungslage ein „treuer Alliierter“ zu bleiben, sei der Regierung Rasmussen hoch anzurechnen, betonte Bush: „Dafür bin ich dankbar.“

Mit seinen 500 SoldatInnen ist Dänemark mehr ein moralischer Irakalliierter. Doch auch diese moralische Unterstützung halten rund 60 Organisationen, die zu verschiedenen Demonstrationen gegen den 17-stündigen Bush-Besuch aufgerufen hatten, für unerträglich. Den Anfang hatten schon bei Bushs Ankunft am Dienstagabend autonome Gruppen unter dem Motto „Tod für Bush und den Imperialismus“ gemacht. Am Mittwochnachmittag fand in Kopenhagen eine Demonstration mit nach Polizeiangaben rund 20.000 TeilnehmerInnen statt. „Stoppt Bush, eine andere Welt ist notwendig“ stand auf Transparenten zu lesen. Für den Abend waren alle Bush-GegnerInnen zu einem Solidaritätsfest in den Freistaat Christiania geladen.