Ineffiziente Fangquote

Manche Arten dürfen in Deutschland kaum noch gefischt werden, in anderen Nord- und Ostseestaaten hingegen schon. Der Bestand kann sich so kaum erholen

Von Tjade Brinkmann

Die Fi­sche­rei­mi­nis­te­r:in­nen der EU haben sich auf neue Fangmengen für die westliche Ostsee im kommenden Jahr geeinigt. Insbesondere die Dorsch- und Heringsfischerei wird künftig drastisch eingeschränkt. Demnach dürfen Fischer­ dort Dorsch und Hering nur noch in Ausnahmen gezielt fangen. Durch massive Überfischung sind die Fischbestände weltweit drastisch zurückgegangen.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat den Quotenbeschlüssen dabei nach eigenen Angaben nicht zugestimmt. CDU-Ministerin­ Julia Klöckner hatte vergeblich gefordert, dass die Fangquoten für den westlichen Hering erst im Dezember entschieden werden sollen. Hintergrund für ihre Forderung war, dass der Bestand wandere und auch andere Länder von ihm fischen würden. Die Verhandlungen mit diesen Ländern finden jedoch erst Ende des Jahres statt. „Wir können nicht hinnehmen, dass auch in diesem Jahr unterschiedliche Maßstäbe an die Befischung des Herings der beiden Management-Gebiete westliche Ostsee und Kattegat/Skagerrak angelegt werden“, erklärte die Staatssekretärin des Ministeriums, Beate Kasch. Kattegat und Skagerrak sind Meeresgebiete zwischen Dänemark, Schweden und Norwegen. Bereits in den vergangenen Jahren habe das zu einer einseitigen Überfischung geführt. Auf taz-Anfrage schreibt das Landwirtschaftsministerium, Deutschland habe die europäische Kommission deshalb bereits aufgefordert, den gleichen strengen Maßstab an die Quoten für die südöstliche Nordsee anzulegen.

Vier von zehn Quoten nicht nachhaltig

Christopher Zimmermann vom Heinrich-­Thünen-Institut für Ostseefischerei teilt die Befürchtungen des Ministeriums. „Es ist zu erwarten, dass die Anrainer von Kattegat und Skagerrak viel höhere Fangmengen für den gleichen Hering beschließen werden als der Rat jetzt für die westliche Ostsee beschlossen hat.“ Während die Fangmengen in der westlichen Ostsee in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert worden seien, seien sie im zweiten Gebiet hoch geblieben. Der Gesamtfang bleibe dabei dreimal höher als angemessen.

Auch Stella Nemecky von der Umweltstiftung WWF kann die Logik des Ministeriums in gewisser Hinsicht nachvollziehen. „Dieser ­Heringsbestand ist nur mit gemeinschaftlichen Maßnahmen in Nord- und Ostsee zu retten.“ Die Quotenabsenkung in der Ostsee bleibe wirkungslos, wenn nicht auch für die Nordsee Maßnahmen beschlossen würden.

Die teils strikten Fangbeschränkungen für die westliche Ostsee begrüßt der WWF dabei als „Schritt in die richtige Richtung“. Jedoch lägen die beschlossenen Fangmengen für vier von zehn Beständen oberhalb dessen, was aus wissenschaftlicher Sicht maximal tragbar sei. So könne die Entscheidung zum „letzten Sargnagel“ für den westlichen Dorsch und Hering sowie die deutsche Ostseefischerei werden.

Für die deutsche Fischerei seien die Quoten eine Katastrophe, so Verbandssprecher Claus Uble. Dorsch und Hering seien „Brotfische“. Wenn diese nicht mehr gezielt befischt werden dürften, könne kaum ein Fischer überleben.