Karlsruhe verbietet Fonds für schwarze Schafe

Illegal ins Ausland gebrachter Müll wurde bislang auf Kosten der Branche zurücktransportiert. Zukünftig zahlt der Staat

KARLSRUHE taz ■ Der Staat darf ehrliche Wirtschaftsakteure nicht für Kosten heranziehen, die schwarze Schafe einer Branche verursachen. Dies erklärte gestern das Bundesverfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung und wertete den „Solidarfonds Abfallrückführung“ als verfassungswidrig. Der Fonds war 1994 eingerichtet worden, nachdem Greenpeace ungesicherten deutschen Giftmüll in Albanien und Rumänien aufgestöbert hatte. Die Exporteure waren unbekannt, untergetaucht oder pleite.

Der Staat musste deshalb für die Rückführungskosten einspringen. Mit Hilfe des Solidarfonds wurden solche Kosten seither auf die Branche abgewälzt. Bei jedem legalen Export mussten auch die gesetzestreuen Firmen eine Abfallausfuhrabgabe entrichten.

Im Fonds standen anfangs stets 75 Millionen Euro für Rückholaktionen bereit. Nach 1994 kam es aber nur noch zu acht kleineren Rückholfällen mit Kosten von insgesamt 530.000 Euro. Schrittweise war das Fondsvolumen deshalb auf 8 Millionen reduziert werden. Nicht benötigte Beiträge erhielten die Exporteure zurück – abzüglich der Verwaltungskosten. Damit ist jetzt aber Schluss. Das Bundesverfassungsgericht erklärte den Rückführungsfonds für unzulässig.

Der Staat solle seine Einkünfte vor allem über die Steuern erzielen, deren Zuordnung zu Bund und Ländern im Grundgesetz genau geregelt ist. Sonderabgaben wie die Abfallausfuhrabgabe seien daneben nur als „seltene Ausnahmen“ zulässig, so Karlsruhe, wenn sie für die herangezogene Gruppe einen konkreten Nutzen bringen.

Die Bundesregierung hatte im Rückführungsfonds einen solchen Nutzen gesehen. „Die rechtstreuen Abfallexporteure zahlen für ihre eigenen Exportchancen. Ohne staatliche Rückholgarantie gäbe es den Exportmarkt für Sonderabfälle gar nicht mehr“, so der Vertreter des Bundes während der Verhandlung. Diese Argumentation lehnte Karlsruhe jedoch ab. Die staatliche Zuständigkeit für herrenlosen Giftmüll – vereinbart im Basler Abkommen von 1989 – diene dem Umweltschutz und damit dem „Schutz der Allgemeinheit“. Solche Kosten könne der Staat nicht auf die legal handelnden Exporteure umlegen, sondern muss dafür Steuermittel verwenden.

Damit sind vergleichbare Fondslösungen künftig nicht mehr möglich. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) reagierte gelassen. Er verwies darauf, dass der Fonds vor allem auf Druck der Länder eingeführt worden sei, weil diese sonst die Rückführung bezahlen müssten.

Vor wenigen Wochen hatte der Bundestag ohnehin beschlossen, dass der Fonds aufgelöst wird. Denn seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2002 durften die Firmen nur noch für Exporte ins außereuropäische Ausland zur Kasse gebeten werden – was den Fonds auch in den Augen der Bundesregierung ineffizient machte. Tanja Gönner (CDU), die baden-württembergische Umweltministerin, forderte, der Bund solle die Länder bei der künftigen Finanzierung der Abfallrückführung nicht allein lassen.

CHRISTIAN RATH