Freiburger Stadioneröffnung: Den Standards entsprechend

Bei der Premiere im neuen Stadion trennen sich der SC Freiburg und RB Leipzig in einem intensiven Spiel mit 1:1. Der SC bestätigt seine Tendenz.

Vincenzo Grifo bei der Ecke.

Drei Ecken, zwei Elfer: Grifo mit der richtigen Rückennummer Foto: dpa

FREIBURG taz | Unwissende hätten sich an diesem Samstag in Freiburg gewiss sehr gewundert. Warum um Himmels willen war der Intensitätspegel bei dieser Partie so auf Anschlag, als wäre hier ein großes Finale zu gewinnen? Und weshalb gerieten die beiden Trainer an der Seitenlinie so außer Rand und Band, dass sie bereits in der ersten Hälfte, als es noch reichlich Zeit für Spielkorrekturen gab, von Schiedsrichter Daniel Siebert verwarnt werden mussten?

Mit sehr vielen Emotionen hatte man sich beim SC Freiburg vor zwei Wochen vom alten Stadion an der Dreisam verabschiedet, das über viele Jahre reichlich Patina angesetzt hatte und mit seiner leicht schiefen Lage sowie den zu kurzen Maßen bestens das Selbstverständnis des Vereins verkörperte: ein wenig anders, nicht den Bundesligastandards entsprechend. Mit sehr vielen Emotionen schien das Freiburger Team beim Remis gegen RB Leipzig auch den zwangsläufig noch seelenlosen Neubau am anderen Ende der Stadt beim Pflichtspieldebüt füllen zu wollen, um dort erstmalig seine Handschrift zu hinterlassen.

Mit altbekannter maximaler Leidenschaft liefen die Freiburger die Leipziger an und unterbanden dadurch in der zweiten Hälfte gar jegliche gegnerische Chance. „In der zweiten Halbzeit haben wir ein herausragendes Spiel gegen eine herausragende Mannschaft gemacht“, urteilte Trainer Christian Streich. Die noch unbekannte Akustik in der coronabedingt nur mit 20.000 Zuschauern gefüllten Arena fand er „toll“, vor allem in der Vorstellung, wie „brutal laut“ es erst bei 35.000 Zuschauern zugehen würde. „Aber die Mannschaft spielt im Moment auch in einer Art und Weise, wo du auch als Publikum mitgerissen wirst.“ Laut sei es ja im alten Stadion ebenso gewesen.

Streich verknüpfte das Neue mit dem bereits Erarbeiteten. Die Sorge in Freiburg ist spür- und sichtbar, dass diese nun maßgerechte neue Bundesligaheimstätte dem Klub ein Stück weit seine Eigenheiten nehmen könnte. Die alte „Zäpflehütte“, ein beliebter Bierausschank am alten Spielort, hat man baugleich neben der neuen Arena errichtet. Und auch im Stadion, das nach einem florierenden Vergnügungspark in der Nähe benannt ist, ist zu sehen, wie man versucht, die neue kommerziellere Ausrichtung mit alten Traditionen auszubalancieren. Neben 19 „hochwertigen Logen“, wie es heißt, gibt es mit 36 Prozent einen stattlichen Anteil an Stehplätzen.

Der Drang war überbordend

Der Drang, diesen noch geschichtslosen Ort mit Geschichten zu bereichern, war am Samstag wirklich überbordend. Streich sprach von einem Pingpongspiel. Die häufigen Ballverluste beiderseits wollte er nicht als Versagen der Spieler bewertet wissen, sondern als Zeichen dafür, wie immens hoch beide Teams den Druck gehalten hatten. Wobei der Freiburger Ausgleichstreffer per Kopf durch Woo-Yeong Jeong (64. Minute) dadurch begünstigt wurde, dass diesem im Strafraum geschichtsträchtiger Freiraum gelassen wurde. Die unendliche Bundesligageschichte der umstrittenen Elfmeterentscheidungen muss zudem um eine Anekdote aus dem neuen Freiburger Stadion ergänzt werden. Während der von einem leichten Kontakt ausgelöste Fall von Christopher Nkunku einen Elfmeter und die Führung von Leipzig (32.) zur Folge hatte, wurde Freiburgs Lucas Höler bei einem durchaus vergleichbaren Fall der Strafstoß verwehrt.

Zwei Freiburger Pfostenschüsse gehören ebenfalls zur Erzählung dieses Nachmittags, damit man ermessen kann, wie knapp der Trainer des einzigen noch ungeschlagenen Bundesligateams davor bewahrt wurde, über ein Thema sprechen zu müssen, bei dem er in den letzten Wochen schnell außer Rand und Band geriet: die Champions League.

So konnte Christian Streich mit entspanntem Lächeln zuhören, wie sein Kollege Jesse Marsch über die bevorstehende Champions-League-Partie bei Paris St. Germain und seine Erfahrungen mit Lionel Messi befragt wurde. Denn im alten wie im neuen Stadion gilt beim Tabellenvierten nach wie vor: Fragen bitte nur zum Klassenerhalt.

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