Umstrittene Pipeline Nord Stream 2: Das Gas könnte bald fließen

Zwar sind noch nicht alle Vorgaben für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 erfüllt. Aber etwaige Bußgelder dürften den Start kaum verhindern.

Rohre und Hähne in einem Gaswerk.

Von hier soll das Gas kommen: Startpunkt der Pipeline durch die Ostsee bei St. Petersburg Foto: Itar-Tass/imago

BERLIN taz | Die umstrittene Erdgaspipeline Nord Stream 2 steht offenbar kurz vor der Inbetriebnahme. Wie der Betreiber mitteilte, wurde am Montag der erste der zwei Leitungsstränge, der durch die Ostsee von Russland nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern verläuft, erstmals mit Gas gefüllt. „Dies ist eine Voraussetzung für spätere technische Tests“, schreibt das Unternehmen. Angaben dazu, wann tatsächlich Gas nach Deutschland geliefert wird, machte Nord Stream 2 nicht. Man werde „zu gegebener Zeit über weitere technische Schritte informieren“, hieß es lediglich.

Formal darf die Erdgaslieferung noch nicht aufgenommen werden, weil Nord Stream 2 noch nicht die Voraussetzungen der EU-Gasrichtlinie erfüllt. Diese verlangt, dass eine Entflechtung von Gasproduktion und Pipelinebetrieb gewährleistet sein muss und ein diskriminierungsfreier Zugang gewährt wird. Beides muss in Deutschland die Bundesnetzagentur bestätigen.

Die Behörde habe das Unternehmen am Montag aufgefordert, „umgehend Auskunft zu erteilen und gegebenenfalls Nachweise zu erbringen, dass im Rahmen eines Betriebs der Verbindungsleitung alle regulatorischen Vorgaben erfüllt und eingehalten werden“, teilte einer ihrer Sprecher der taz mit. Zudem muss das Bundeswirtschaftsministerium zuvor noch prüfen, ob die Pipeline die Versorgungssicherheit anderer Länder gefährdet.

Die Netzagentur fürchtet aber offenbar, dass Nord Stream 2 schon in Betrieb genommen wird, bevor die Voraussetzungen vorliegen. Es sei „nicht auszuschließen, dass in Kürze eine Inbetriebnahme eines Stranges der Verbindungsleitung erfolgen wird“, erklärt sie – und droht für diesen Fall „die unmittelbare Einleitung von Aufsichts- bzw. Missbrauchsverfahren gegen die Nord Stream 2 AG“ an.

Doch ob sich das Unternehmen davon abschrecken lässt, ist fraglich. Als mögliches Bußgeld für einen Betrieb ohne Zertifizierung nennt das Energiewirtschaftsgesetz bis zu eine Million Euro oder das Dreifache „des durch die Zuwiderhandlung erzielten Mehrerlöses“. Doch weil auch die Nichtnutzung der Pipeline mit Kosten verbunden ist, könnte es sein, dass Nord Stream dieses Risiko eingeht. Erst nach längerem Verstoß und vermutlich einem Rechtsstreit könnten auch Zwangsgelder drohen oder der Betrieb untersagt werden.

Unterdessen wehrt sich Nord Stream 2 weiter dagegen, dass die EU-Gasrichtlinie überhaupt auf die Pipeline angewendet wird. Das Unternehmen hält das für ungerechtfertigt, weil die Leitung bereits gebaut wurde, als die Richtlinie in Kraft trat. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte einen Antrag auf Freistellung allerdings im August zurückgewiesen. Dagegen hat das Unternehmen am Dienstag Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt.

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