Deutsche Wohnen & Co enteignen: Tendenz pro Enteignung

Für den Volksentscheid zeichnet sich einer ersten Hochrechnung zufolge eine Mehrheit ab. Ak­ti­vis­t:in­nen wagen vorsichtigen Jubel.

Unterstützer der Initiative ·Deutsche Wohnen und Co. enteignen· tanzen während der Wahlparty der Initiative vor den den Union-Filmstudios.

Gelb-lilafarbene Siegesparty: Wahlparty der Initiative vor den Union-Filmstudios in Tempelhof Foto: Monika Skolimowska/dpa

BERLIN taz | Laut der Webseite der Landeswahlleiterin sind mittlerweile erste Ergebnisse zum Volksentscheid da. Demnach wäre das Ergebnis positiv: 56,9 Prozent stimmten für die Enteignung großer Wohnungskonzerne, 39 Prozent dagegen. Ausgezählt wurden allerdings bisher nur 782 von 3.763 Gebieten. Aussagekräftig sind diese Ergebnisse wohl noch nicht. Initiativen-Sprecher Rouzbeh Taheri wertete das erste Ergebnis im rbb dennoch als eindeutig positives Ergebnis. Ausgezählt sind etwa 27 Prozent der Stimmen.

Die Nachricht verbreitet sich über Whatsapp, Ak­ti­vis­t:in­nen rennen zu Handys von ihren Freund:innen. Vorsichtig bricht Jubel aus, Menschen umarmen sich, teilweise herrscht auch Verwirrung. Dann stürmt das Cheerleeding Team der Kampagne nach vorne und bietet eine spontane Show. Die anwesenden Ak­ti­vis­t:in­nen applaudieren, tanzen mit. „This is our city, yes we keep it cheap and queer“, skandieren die Cheerleader:innen.

Mit einem angenommenen Volksentscheid ist der kommende Senat aufgefordert, ein Gesetz zu erlassen, das die Vergesellschaftung der Bestände der privaten Immobilienkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt regelt und dafür „alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind“, wie es auf dem Stimmzettel hieß.

Das erfolgreichste Begehren, das es gab

Vergesellschaftet werden sollen ausschließlich privatwirtschaftliche Wohnungskonzerne; kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften sind ausgeschlossen. Der Wohnraum soll zukünftig „von Belegschaft, Mie­te­r:in­nen und Stadtgesellschaft“ demokratisch selbstverwaltet werden. Den Immobilienkonzernen soll eine Entschädigung „deutlich unter Verkehrswert“ gezahlt werden, heißt es im Beschlussentwurf. Grundlage für das Begehren ist der Grundgesetzartikel 15, der in der Geschichte der Bundesrepublik damit erstmals zur Anwendung kommen würde.

Das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen war bereits in der Sammelphase das erfolgreichste, das es je in Berlin gab. Etwa 360.000 Unterschriften hatte die Initiative eingereicht, um einen Volksentscheid herbeizuführen, mehr als doppelt so viele wie an gültigen Unterschriften notwendig war. Für die rund 2.000 Ak­ti­vis­t:in­nen des Volksbegehrens ist dieser Ausgang die Belohnung für ihre teils jahrelange und meist ehrenamtliche politische Arbeit. Ursprünglich hervorgegangen war die Initiative 2018 aus verschiedenen Gruppen der Mietenbewegung. Schon 2019 sammelten die Ak­ti­vis­t:in­nen 77.000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens.

Von den Parteien unterstützte nur die Linke das Begehren vollumfänglich. Während die Grünen sich in der Unterstützung zurückhielten und Vergesellschaftungen lediglich als Ultima ratio bezeichneten, lehnten SPD, CDU, FDP und AfD das Begehren rundherum weg. Umfragen zuvor hatten allerdings gezeigt, dass sich Be­für­wor­te­r*in­nen des Entscheids unter den Wäh­le­r*in­nen aller Parteien finden.

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