heute in bremen
: „Rassismus ist Alltag“

Foto: privat

Buhari Lehbib

18, ist in Hamburg geboren und in Hannover und Bremen aufgewachsen. Er beginnt jetzt ein Jura-Studium in Berlin.

Interview Eiken Bruhn

taz: Herr Lehbib, worüber wollen Sie heute sprechen?

Buhari Lehbib: Ich will darüber reden, wie es ist, wenn man in Deutschland ohne Vorbilder aufwächst, die die eigene Hautfarbe oder Ethnie teilen. Und darüber, wie es sich anfühlt, immer als fremd bewertet zu werden und Kommentare von Leh­re­r:in­nen zu bekommen, man solle doch lieber eine Ausbildung machen und nicht studieren, obwohl man dieselben Noten hat wie ein Mitschüler.

Ist Ihnen das passiert?

Nein, mir persönlich nicht, aber vielen Freund:innen. Ich bin in Horn aufgewachsen und zur Schule gegangen, weil meine Eltern dafür gekämpft haben. Als wir hierher zogen, waren ihnen erst nur Wohnungen in Tenever oder Blockdiek angeboten worden. Sie hatten aber gute Kontakte in die Politik und die haben ihnen ein Treffen mit dem Chef des Wohnungsbauunternehmens vermittelt.

Empfinden Sie sich als privilegiert?

Ja, ich hatte immer sehr viel Glück. Das fängt mit meinen kämpferischen Eltern an. Sie kommen aus der Westsahara und hatten über ihre politische Aktivität Un­ter­stüt­ze­r:in­nen in Deutschland, die ihnen bei vielem helfen konnten. Und ich hatte Lehrer:innen, die mich gefördert haben.

Haben Sie sich deswegen schon einmal schlecht gefühlt – weil ihre Freun­d:in­nen nicht dieses Glück hatten?

Forum „Zeit zum Zuhören“: drei Bremer:innen sprechen über ihr Leben und Rassismus­erfahrungen, 16.30 Uhr, Rathaus, Anmeldung: anmeldung@ben-bremen.de

Ja, sehr häufig. Deshalb erzähle ich heute auch nicht nur von mir, sondern von dem, was andere mir berichtet haben. Wie einer Freundin mal in der Bahn versucht wurde, das Kopftuch herunterzureißen zum Beispiel.

Aber sind Sie selbst nie mal von der Polizei angehalten worden wegen ihrer Haut- und Haarfarbe oder nicht in einen Klub gelassen?

Nein, relativ selten. Vielleicht weil ich eine sehr helle Haut habe und oft als „der gute Ausländer“ durchgehe. Vielleicht habe ich mich aber auch an die rassistischen Kommentare so sehr gewöhnt, dass ich sie gar nicht mehr richtig wahrnehme. Das gehört zum Alltag dazu.