Kim Jong Uns Gesprächsankündigung: Wenig glaubwürdiger Schritt

Nordkorea will wieder mit dem südlichen Nachbarn reden. Klingt gut – aber in Wahrheit ist der Norden nicht an einem Ende des Konflikts interessiert.

Kim Jong Un spricht

Foto: KCNA/KNS/ap

Nun will Kim Jong Un also wieder sprechen. Der nordkoreanische Machthaber ließ über seine Staatsmedien ausrichten, dass eine Öffnung der direkten Kommunikationskanäle mit dem Süden dem Wunsch des koreanischen Volks nach Frieden entspreche. Natürlich ist daran wenig auszusetzen. Im Gegenteil: Eigentlich ist die Ankündigung eine gute Nachricht. Und mit Sicherheit wird die diplomatische Offerte Kims von seinem Amtskollegen in Seoul mit Handkuss empfangen werden.

Südkoreas Präsident Moon Jae In befindet sich auf der Zielgeraden seiner Präsidentenzeit. Er stammt als letzter Regierungschef aus jener Generation, die die Teilung Koreas noch als emotionale Leidensgeschichte begreift. Und Moon hat es sich zum politischen Lebenswerk gemacht, endlich Frieden in einem Konflikt zu bringen. Seine Vermittlerrolle zwischen Donald Trump und Kim Jong Un hat die Hoffnungen darauf kurzzeitig aufleben lassen.

Doch auch wenn das spektakuläre Scheitern der Verhandlungen ebenso Schuld der wenig kompromissbereiten Amerikaner waren, sollte mittlerweile klar sein, dass das nordkoreanische Regime gar kein Interesse hat, diesen tragischen Konflikt zu überwinden. Denn eine Öffnung des Landes hin zur Außenwelt wäre der unweigerliche Suizid für das System. Nordkoreaner müssten nicht mal nach Südkorea schauen, um die Misswirtschaft ihrer eigenen Elite zu erkennen. Allein der Blick über die Grenze nach China – auf glitzernde Hochhäuser und moderne Autos – ist ein unglaublicher Kontrast zum bitterarmen Nordkorea.

Dass Südkorea als Bittsteller um Gespräche mit dem Norden ansuchen muss, ist absurd. Seit Jahrzehnten versucht Seoul, Familienzusammenführungen zu organisieren. Doch der Norden lässt diese nur zu, wenn es gerade in die Agenda passt. Nicht zuletzt war es Kim selbst, der im Sommer sämtliche Kommunikationskanäle zum Nachbarland kappte: Er ließ das gemeinsame Verbindungsbüro entlang der Demarkationslinie kurzerhand sprengen.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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