Jacob Heinze hungert für das Klima: „Wir müssen mutig sein“

Der Hamburger Jacob Heinze ist einer der Aktivist:innen, die derzeit in Berlin in einen Hungerstreik getreten sind. Er ist zu allem entschlossen.

Das Gesicht von Jacob Heinze.

Für Klimaschutz im Hungerstreik: Jacob Heinze Foto: Carsten Witte

HAMBURG taz | „Ein Hungerstreik ist überhaupt nicht das, was Spaß macht“ sagt Jacob Heinze. Trotzdem ist der Hamburger einer von sechs Aktivist:innen, die sich momentan in der Nähe des Berliner Reichstags in einem Hungerstreik befinden. Ihre Forderung: Ein öffentliches Gespräch mit den drei Kanzlerkandidat:innen. Am 17. September wird der 19. Tag sein, an dem er nichts gegessen hat.

Am Dienstag ist Heinze kollabiert, war längere Zeit nicht ansprechbar. Ein Krankenwagen brachte ihn in die Berliner Charité. Die Ärztin empfahl ihm, den Streik abzubrechen. Denn so ein Hungerstreik macht nicht nur keinen Spaß, er ist auch gefährlich. Heinze setzt mit dem Streik seine Gesundheit aufs Spiel, womöglich sogar sein Leben. In Vorbereitung auf den Streik habe er realisiert, dass er die Menschen, von denen er sich verabschiedet hat, möglicherweise nicht wiedersehen wird, sagt er der taz.

Für Heinze ist der Hungerstreik ein logischer nächster Schritt. „Wir müssen mutig sein, um die Welt zu verändern“, so der Aktivist. Mit der Entscheidung, in den unbefristeten Hungerstreik zu treten, habe er seine Angst überwunden, auch die Angst vor dem Tod. Ihm sei klar geworden, dass es etwas Größeres gibt als diese Angst.

Dieses Größere ist ihm auch während des Hungerstreiks besonders präsent. Es geht ihm darum, die Klimakatastrophe zu verhindern: „Wenn wir nicht gegensteuern, erwarten uns schreckliche Zeiten.“ Er spricht von Chaos, Krieg, Hungersnöten, Terror. „Das beschäftigt mich die ganze Zeit.“ Er sei entschlossen, alles dafür zu tun, diese Entwicklung zu verhindern. Um sich als Aktivist zu engagieren, unterbrach er sein Psychologiestudium und auch seine Leidenschaft Fußball und die Arbeit als Trainer.

Naturerlebnisse in der Kindheit

Heinze lernt früh zu schätzen, wie schön die Natur ist. Schon als Kind sei er mit seiner Mutter regelmäßig raus aus Hamburg gefahren, erzählt er, an den Plöner See oder in den Wildpark Schwarze Berge. Mit seinem Großvater beobachtete er in Ostfriesland die Vögel, ist beeindruckt vom flachen Land und den Flüssen.

Mit 19 Jahren sieht er einen Dokumentarfilm über Haifische. Er ist schockiert, wie Menschen mit den Tieren umgehen, ihnen die Flossen abschneiden, um daraus Suppe zu kochen. Er recherchiert auch zur Tierhaltung in Deutschland. Von einem Tag auf den anderen beschließt er, sich vegetarisch zu ernähren, wenig später komplett vegan.

Doch immer wieder ist er frustriert. Er hat das Gefühl, sowieso nichts verändern zu können. Er empfindet die Welt als schrecklich, das System als Problem. Er streitet sich mit Freunden und Familie, hört zeitweise auf, sich vegan zu ernähren.

Dann erzählt ihm eine Freundin von der Aktivist:innen-Gruppe „Extinction Rebellion“. Schnell ist er begeistert von den Menschen und ihrer Idee, mit zivilem Ungehorsam etwas Großes zu bewegen. Wieder hat er die Hoffnung, die Welt verändern zu können, investiert mehr Zeit als Aktivist. In den kommenden zwei Jahren beteiligt er sich an immer krasseren Kleingruppenaktionen. Er blockiert Flugzeuge, besetzt Kohlebagger, ist bei den Protesten im Hambacher und Dannenröder Forst dabei.

Jacob Heinze ist überzeugt, dass eine demokratische, ökologische Revolution notwendig ist. Dafür brauche es eine Massenbewegung mit Hunderttausenden Menschen, die sich auf die Straße setzen. Die Klimabewegung müsse wieder reanimiert werden, mit einer Gruppe, die entschlossen in Aktion trete. Diese Gruppe wollen die Ak­ti­vis­t:in­nen in Berlin mit ihrem Hungerstreik sein. Die Kanz­ler­kan­di­da­t*in­nen haben den Ak­ti­vis­t:in­nen nun angeboten, einzeln und persönlich zu Gesprächen bereit zu sein. Ohne Öffentlichkeit ist das für die Streikenden keine Option.

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