Jüdische Verbände gegen die AfD: „Radikal und religionsfeindlich“

Vor der Bundestagswahl appellieren 60 jüdische Verbände, nicht die AfD zu wählen. Die Partei sei eine Gefahr. Die AfD reagiert entrüstet.

Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, bei der einer Veranstaltung mit der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer

Kritisiert seit langem die AfD scharf: Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden Foto: Christian Ditsch, epd

BERLIN taz | Dem Aufruf fehlt es nicht an Deutlichkeit. Die AfD sei eine Partei, „in der Antisemiten und Rechtsextreme eine Heimat gefunden haben“, heißt es darin. Sie sei „radikal und religionsfeindlich“, ihre Vertreter relativierten die Schoa, betrachteten Minderheiten als minderwertig und spalteten die Gesellschaft. Deshalb laute der klare Appell: „Wählen Sie am 26. September 2021 eine zweifelsfrei demokratische Partei und helfen Sie mit, die AfD aus dem Deutschen Bundestag zu verbannen!“

Der Aufruf stammt von 60 jüdischen Verbänden, den diese am Donnerstag veröffentlichten. Darunter befinden sich der Zentralrat der Juden, der World Jewish Congress, die Rabbinerkonferenz sowie diverse Landesverbände und Gemeinden. Man vertrete verschiedene Einstellungen und politische Positionen, habe unterschiedliche Hintergründe, Lebensgeschichten und Muttersprachen, hält die Erklärung fest. „Was uns jedoch alle eint, ist unsere Überzeugung, dass die AfD eine Gefahr für unser Land ist.“

Die AfD reagiert entrüstet

Für die AfD kommt der Aufruf zur Unzeit. Die Partei dümpelt zwei Wochen vor der Bundestagswahl in Umfragen vor sich hin. Ihre Radikalität streitet sie immer wieder ab, gab sich wiederholt proisraelisch. Einige Mitglieder gründeten 2018 gar die Vereinigung „Juden in der AfD“ – die allerdings nur wenige AnhängerInnen hat und kaum mehr als ein Feigenblatt ist.

Die AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Jörg Meuthen reagierten denn auch entrüstet auf den Aufruf der jüdischen Verbände. „Wir weisen die Vorwürfe entschieden zurück“, antworteten sie in einem gemeinsamen Statement auf eine taz-Anfrage. „Die Alternative für Deutschland setzt sich seit jeher für das Wohl jüdischen Lebens in Deutschland und weltweit ein.“ Deshalb gehe man davon aus, dass viele jüdische Bürger der Partei bei der Wahl ihre Stimme geben.

Der Zentralrat der Juden und andere jüdische Verbände hoffen genau das nicht – und warnen seit langem vor der AfD. Schon 2018 forderten sie in einer gemeinsamen Erklärung die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz auf. Diese sei „antidemokratisch und menschenverachtend“, Judenhass habe dort ein Zuhause, hieß es damals. Die Partei vertrete „keinesfalls“ die Interessen der jüdischen Gemeinschaft. Bis heute empfinden die Verbände auch die Äußerung von AfD-Fraktionschef Alexander Gauland, die NS-Verbrechen seien ein „Vogelschiss“ der deutschen Geschichte, als unerträgliche Entgleisung.

„Wir werden kein Feigenblatt sein“

Mit dem neuen Aufruf bekräftigen die Verbände nun ihre Kritik. Bei der Bundestagswahl entscheide sich, ob die AfD erneut im Bundestag, „dem Herzen unserer Demokratie, ihr Unwesen treiben“ könne, heißt es dort. Im Wahlprogramm der Partei würden Juden ganze drei Mal erwähnt – aber nur damit, dass Muslime Juden bedrohten. Ihre Gemeinschaft diene also „einzig und allein dazu, den antimuslimischen Ressentiments der Partei Ausdruck zu verleihen“, kritisieren die Verbände. „Dieses Feigenblatt wollen und werden wir nicht sein.“

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