Satelliten, schwach funkend

„Satellites of Art“ vertritt Künst­le­r:in­nen aus dem Globalen Süden. Bei der Auswahl der Werke besteht Verbesserungsbedarf

Von Sophie Jung

Lamina Fofana, der Soundkünstler mit Wurzeln in Sierra Leone und Guinea, ist für den Preis der Nationalgalerie nominiert. Emeka Ogboh aus Nigeria bespielt seit einigen Jahren die großen Häuser mit seinen provokativen Kommentaren zur Black Culture. Und Monira al Qadiri aus dem Senegal und Kuwait bringt ihre hybride Identität in ihre Installationen ein. Endlich hören wir diese Stimmen aus Ländern des Globalen Südens. Wir wollen und sollten heute, wo Schlagworte wie Restitution oder der deutsche Kolonialismus ins öffentliche Bewusstsein treten, die Perspektive derjenigen in unser Verständnis einbeziehen, deren Kritik an uns wir lange unbeachtet ließen. Wir möchten aber auch in der totalen Vernetztheit unserer Welt schlichtweg wissen, was uns Künst­le­r:in­nen jenseits der westlichen Nordhalbkugel berichten können.

In den Ausstellungshäusern, Biennalen und Dokumentas tauchen diese künstlerischen Stimmen daher immer mehr auf, doch auf dem Kunstmarkt sind sie nach wie vor nicht gut vertreten. Eine neue Initiative in Berlin scheint eine Lücke zu füllen, wenn sie nun Positionen aus unterrepräsentierten Regionen sichtbar machen und auf den internationalen Kunstmarkt bringen will. Satellites of Art ist zunächst eine Online-Galerie, gegründet von Katrin Imhof, Katrin Eltohami und Nicole Matt. Sie treten mit einem guten Konzept an: Erfahrene Personen des Kunstgeschehens spüren Künst­le­r:in­nen in unterrepräsentierten Ländern auf, diese werden auf dem Online-Portal gefeaturt und mit Samm­le­r:in­nen sowie untereinander vernetzt. Erlöse fließen möglichst direkt zu den Künstler:innen, die – anders als die anfangs genannten Ogboh, Al Qadiri und Fofana – vielleicht an den abgelegenen Orten bleiben und ihre Arbeit mit lokalen Communities fortsetzen können. Zur öffentlichen Bekanntmachung kam am letzten Freitag Sigrid Müller vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, die selbst ein Entwicklungsprojekt mit lokalen Künst­le­r:in­nen verantwortet. Satellites of Art will also den konkreten Aufbau einer Infrastruktur für die Kunst im globalen Süden, auch und vor allem in Krisenregionen. Solch einen praktischen politischen Ansatz verfolgen kommerzielle Galerien kaum.

Eigentlich möchte man applaudieren. Doch leider läuft etwas schief. Schon der Name Satellites of Art macht skeptisch, müssen doch die Gründerinnen darin die Kunst ihrer Online-Galerie überhaupt erst noch als solche deklarieren. Die Website portraitiert bekömmlich die verschiedenen Länder (darunter Ruanda, Uganda oder Armenien) wie auf den Reiseseiten des Geo-Magazins. Die Kunst aber bleibt darauf unvermittelt als „schön“ stehen. Dabei scheinen die vielen Malereien und Zeichnungen die Grenze vom dekorativen Schön zur Kunst gar nicht erst zu überschreiten. Man muss suchen, um Arbeiten zu finden, die unser Verständnis von dem Ort ihrer Produktion vielleicht noch mehr differenzieren, etwas Unbekanntes erzählen oder das Bekannte kritisch vorhalten (eine Entdeckung sind etwa die Aquarelle von Maleis Ideaho).

Am Freitag startete Satellites of Art mit einer Ausstellung des Südafrikaners Reggie Khumalo. Jede seiner großformatigen Malereien soll gesammelte Geschichten von Frauen aus verschiedenen Ländern der Subsahara erfassen. Auf den Gemälden schaut einen dann aus unterschiedlicher Stoffumhüllung das immer gleiche monumentale Konterfei mit melancholischen Augen und hochstehenden Wangenknochen an, wie die stete Wiederholung einer dunklen Naomi Campbell. Das ist kein differenzierter Blick, sondern vielmehr die schön aussehende Manifestation eines westlichen Exotismus. Schade.