Kommentar von Kaija Kutter über den Angriff von Schü­le­r*in­nen auf einen Polizisten
: Aktion und Reaktion

Der Polizeibericht über den Vorfall auf der Straße vor dem Gebäude der Eimsbüttler Ida Ehre Schule ist erschreckend. Einen am Boden liegenden Menschen gegen den Kopf zu treten, ist unverzeihlich brutal. Noch ist es zu früh, um zu beurteilen, wie genau dieser Vorgang sich abgespielt hat.

Doch zumindest die Schilderung in den Titelzeilen ist verkürzt. Schnell entsteht der Eindruck, „böse Monster-Kids“ hätten aus dem Nichts heraus einen Polizisten angegriffen. Dabei war diese Aktion eine Reaktion, hat doch der Beamte zuvor einen 13-jährigen Jungen mit Polizeigriffen zu Boden gebracht und dort fixiert.

Es stimmt: Wenn der Polizist befürchtet, der Junge sei bewaffnet, darf er präventiv agieren, denn er vertritt das staatliche Gewaltmonopol. Aber Kinder und Heranwachsende sind keine fertigen Staatsbürger. Für sie muss so ein Zubodenbringen nicht wie ein friedlicher Akt wirken, darauf weist auch das inzwischen aufgetauchte Video hin. Ihr Versuch, dem Jungen beizustehen, ist ein verständlicher Impuls, auch wenn, wie gesagt, Tritte absolut inakzeptabel sind.

Der Junge hatte keine Waffe in seiner Tasche und er hatte seinem Kontrahenten vor dem Schultor bis dahin körperlich nichts getan. Aber er stand dort aus subjektiver Sicht des herbeigeradelten Beamten in „bedrohlicher Haltung“. Und der „Cop4U“ hatte offenbar Vorwissen über das Kind. Auch die Schule schreibt von Bedrohungen durch „schulfremde Personen“, über die man zuvor den Beamten informierte. Eine Zeitung schrieb von „Intensivtäter“.

Das ist ein Wort aus dem städtischen Anti-Gewalt-Konzept. Eine Zuschreibung, die nicht unumstritten ist. Auch das „Cop4U“-Konzept von Polizist*innen, die im Schulumfeld tätig sind, ist seit Jahren Teil der Gewaltprävention. Nur kann unsere Gesellschaft nicht erreichen, dass Kinder und Jugendliche auf der Straße nie wieder einen Streit austragen. Es ist jetzt falsch, nach schärferen Maßnahmen wie geschlossener Unterbringung zu rufen. Im Gegenteil, die Frage muss erlaubt sein, an welchen Stellen die Gewaltprävention ihre Ziele verfehlt.