EU stellt Bedingungen an die Taliban-Regierung

EU-Außenminister stellen fünf Forderungen an
die Taliban in Afghanistan, damit diese auf internationale Kooperation zählen können

Die Außenminister der EU-Staaten haben sich auf fünf Bedingungen für eine beschränkte Zusammenarbeit mit den Taliban in Afghanistan verständigt. Grundlage dafür ist eine deutsch-französische Initiative. Das „operative Engagement“ mit den neuen Machthabern soll demnach schrittweise hochgefahren werden, wenn die Taliban eine Regierung unter Einbindung auch von anderen politischen Kräften im Land bilden und die Ausreise von schutzbedürftigen Menschen ermöglichen.

Zudem sollen sie die Einhaltung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit gewähren, humanitäre Hilfe ermöglichen und garantieren, dass Afghanistan nicht wieder zu einer Basis für international operierende Terrorgruppen wird.

„Wir werden mit der neuen Regierung in Afghanistan in Dialog treten müssen“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag nach Beratungen der EU-Außenminister in Slowenien. Das Engagement werde allerdings von der Einhaltung der Bedingungen abhängen. Es gehe um ein „operatives Engagement“, das in Abhängigkeit vom Verhalten zunehmen könne, und nicht um politische Anerkennung, betonte Borrell.

Sorge der EU ist es vor allem, dass es in Afghanistan wegen des anhaltenden Mangels an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung zu einer humanitären Katastrophe kommt, die dann zu großen Fluchtbewegungen in Richtung Europa führt. Mehrere Nachbarländer haben bereits öffentlich gewarnt, dass sie nicht willens oder in der Lage sind, noch mehr hilfsbedürftige Menschen aufzunehmen.

Eine Grundlage für die Verständigung auf die Bedingungen war nach Angaben von EU-Diplomaten ein deutsch-französisches Papier zu dem Thema. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte den Taliban bereits am Donnerstagabend in Aussicht gestellt, dass Deutschland die derzeit gestoppten Entwicklungshilfezahlungen für Afghanistan unter bestimmten Bedingungen wieder aufnehmen könnte. Die Bundesregierung hatte Afghanistan jährlich rund 430 Millionen Euro für einen Fünfjahreszeitraum zugesagt.

„Die meisten Menschen […] werden aufgrund der geschlossenen Grenzen Afghanistan nicht verlassen können“, erklärte der SPD-Politiker. Deshalb müsse man den Menschen in Afghanistan jetzt helfen.

Die Taliban-Regierung soll nach Angaben der Agentur Reuters unter Berufung auf Talibankreise vom Chef des Talibanpolitbüros, Mullah Baradar, geleitet werden. Der Sohn des gestorbenen Talibangründers Mullah Omar, Mullah Mohammed Jakub, werde eine hochrangige Position in der Regierung einnehmen, sagten drei mit den Vorgängen vertraute Personen der Nachrichtenagentur.

Entgegen ursprünglichen Erwartungen wurde die Regierung doch nicht im Anschluss an das Freitagsgebet bekanntgegeben, sondern wird frühestens Samstag vorgestellt, erfuhr die Nachrichtenagentur afp in Kabul. (dpa, rtr, afp)