Aufrüstung in München

Der FC Bayern bleibt sich treu und kauft die Besten der direkten Konkurrenz weg. Nun zieht es den Leipziger Marcel Sabitzer, 27, zum Rekordmeister

Hat immer nur den Ball im Kopf: Marcel Sabitzer Foto: dpa

Aus München Maik Rosner

Julian Nagelsmann hat zuletzt gleich zwei Automobile thematisiert, und man kann dem Trainer des FC Bayern nicht vorwerfen, dass es sich um die in seiner Branche üblichen Protzerkarren handelte. Vielmehr sprach Nagelsmann über einen Audi A3 und einen VW T6, also über einen Wagen der Kompaktklasse und einen Bulli. Dass der A3 als Wetteinsatz in Nagelsmanns Jugendzeit diente, verdeutlicht allerdings, dass er schon damals ziemlich groß dachte.

Der T6 wiederum fand Erwähnung in einem Versprechen, das Nagelsmann gegeben hatte nachdem feststand, dass er im Sommer von RB Leipzig zum FC Bayern überläuft. „Ich werde jetzt nicht einen VW T6 mieten, um im Schlepptau noch den einen oder anderen guten Spieler von Leipzig dabeizuhaben“, hatte er angekündigt. Offiziell bestätigt wurde es zunächst zwar noch nicht, doch nach allem, was bekannt ist, wechselt nun auch Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer, 27, von den Sachsen zu den Bayern.

Am Montag war er zum Medizincheck erwartet worden. Angeblich zahlen die Münchner für den bisherigen RB-Kapitän rund 15 Millionen Euro Ablöse. Die Summe fällt auch deshalb vergleichsweise übersichtlich aus, weil der Vertrag des österreichischen Nationalspielers in Leipzig nach dieser Saison ausgelaufen wäre. Für alle Leipziger, die in diesem Sommer den Herausforderer verlassen haben, um sich dem deutschen Branchenprimus aus München anzuschließen, bräuchte es mittlerweile doch einen Kleinbus.

Innenverteidiger und Abwehrchef Dayot Upamecano, 22, wurde für 42,5 Millionen Euro Ablöse von den Bayern erworben. Zudem folgten Nagelsmanns Assistenten Dino Toppmöller, Benjamin Glück und Xaver Zembrod ihrem Chef nach München, für den bis zu 23 Millionen Euro Ablöse fällig werden sollen. Sabitzer ist nun der sechste jener Leipziger, die allein in diesem Sommer die Seiten gewechselt haben. Vor sechs Jahren ging bereits Joshua Kimmich diesen Weg.

Marcel Sabitzer gilt in Sturm und Mittelfeld als sogenannter polyvalenter Spieler

Durch Sabitzers Wechsel dürften sich die Dortmunder an ihre Erfahrungen mit den Bayern erinnert fühlen. Als der BVB den Münchnern vor knapp zehn Jahren lästig geworden war und ihnen sogar Titel abspenstig machte, da holten diese bald über mehrere Jahre verteilt Mario Götze, Robert Lewandowski und Mats Hummels nach München. Von Leipzig wurden nun zwei Säulen der Mannschaft sowie der Cheftrainer und dessen drei Helfer auf einmal abgeworben. Es ist Geschmackssache, was für die Hinterbliebenen schlimmer ist: ein Kahlschlag oder ein schleichender Substanzverlust. Was Nagelsmanns Jugendwette angeht, trägt Sabitzers T6-Wechsel dazu bei, dass sein Trainer diese mit etwas höherer Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Um einen A3, so hat es Nagelsmann am Samstag erzählt, habe er ja einst als Schüler gewettet, und zwar mit seinem Klassenkameraden Christian Träsch, mit dem er zwischen 2003 und 2007 im Nachwuchs des TSV 1860 München kickte. Demnach diente das Auto als ihr jeweiliger Einsatz, der an das künftige Kind des Gewinners zu entrichten sei. Und die dazugehörende Wette lautete, dass Nagelsmann, damals noch gar kein Trainer, die Champions League bis zum Jahr 2032 gewinnen werde. Träsch, später Profifußballer und zehnmaliger deutscher Nationalspieler, hielt dagegen und habe, so erzählte es Nagelsmann, im vergangenen Jahr „schon ein bisschen gezittert“, weil er ja mit RB Leipzig das Halbfinale der Königsklasse erreicht hatte. „Und als mein Wechsel zum FC Bayern feststand, hat er noch ein bisschen mehr gezittert“, sagte Nagelsmann.

Durch Sabitzer dürfte das Bangen von Träsch zunehmen. Zwar kommt Sabitzer eher nicht als künftiger Stammspieler, schließlich wird das defensive Mittelfeld von Kimmich und Leon Goretzka besetzt. Andererseits hat Sabitzer in seiner Karriere bereits jede Position im Mittelfeld gespielt, sogar als Mittelstürmer ist er erfolgreich aufgelaufen. Er kommt also keineswegs nur als Back-up für Kimmich und Goretzka in Frage, sondern auch auf anderen Positionen im Mittelfeld. Sabitzer könnte ebenso Thomas Müllers Zehnerrolle ausfüllen oder die Außenpositionen rechts und links auf seine Weise interpretieren. Der Österreicher kommt als Hybrid, und er liefert Nagelsmann die Qualität in der Breite des Kaders.