Jörn Kabisch Angezapft
: Warum muss es denn immer Piccolo sein?

Foto: Archiv

Es leuchtet so golden, eine dicke Krone prangt auch noch darauf: Es war allein das Etikett, dessentwegen ich dieses Bier auf meinen Probierplan genommen habe. Bei mir kommt das nur noch sehr selten vor.

Aber finden Sie nicht auch, dass diese Flasche einfach perfekt auf einen Tresen im Opern-Bistro passt? So im Smoking oder langen Kleid in der ersten Pause von „Rheingold“ auf dem Grünen Hügel von Bayreuth – da muss es doch nicht immer ein Piccolo sein. Da sehe ich ein Schlossbräu Kupfer auf den Stehtischen.

Und, wie soll ich sagen? Das Etikett ist keine Überverkaufe. Ist das Bier ins Glas eingeschenkt, glitzert es ebenfalls in einem goldenen Kupferton. Es ist ein Rotbier, was im besten Fall heißt: ein robuster Malzkörper, sogar mit leicht säuerlichem Anflug, trägt gekonnt ätherisch-blumigen Hopfen.

Das Schlossbräu Kupfer ist so ein bester Fall. Es hat Aromen irgendwo zwischen Waldhonig und gebrannten Mandeln auf der süßen Seite, zwischen grünem Apfel und Grapefruit auf der bitteren – je nachdem, ob es sich um den ersten, zweiten oder dritten Schluck handelt. Denn das Kupfer ist mit frischem Grünhopfen gewürzt, und da passiert einiges, wenn Luft ans Bier kommt.

Mein Faible für Rotbier war schon vorher ausgeprägt. Das Schlossbräu bestätigt mir einmal mehr, warum. Aus meiner Sicht ist dieser Stil die ideale Antwort hiesigen Brauhandwerks auf moderne Craftbeer-Trends. Denn es geht um komplexe – nicht komplizierte! – Geschmacksbilder. Und da muss sich Rotbier selten verstecken, vor allem nicht dieses hier, mit seinem feinen Schmelz.

Schlossbräu Kupfer, Schlossbrau­erei Autenried, 5,7 % vol.

Fast hätte ich vergessen zu sagen, woher es kommt: Autenried, ein Pfarrdorf mit knapp 600 Einwohnern in Bayrisch Schwaben, ziemlich in der Mitte zwischen Augsburg und Ulm. Dieses Autenried hat auch noch einen alten Adelssitz, darin eine historische Kupfersudanlage und eine ziemlich rührige Brauerei. Seit rund fünf Jahren werden hier Spezialbiere eingebraut, neben dem Rotbier auch ein Porter und ein Imperial Pils. Und gleichzeitig unterstreicht man das „Schloss“ im Namen und druckt eine Krone auf das Etikett. Die Autenrieder gehören damit zu einem halben Dutzend Brauereien, die in der jüngsten Zeit begonnen haben, mit fürstlicher Brautradition zu werben.

Doch ist das Kupfer damit auch tatsächlich was für die Oper? So einen angenehmen Muntermacher wie Sekt gibt das Rotbier nicht ab, auch wenn es sehr süffig ist. Dafür passt es jetzt im Spätsommer, wenn wieder Deftigeres auf den Tisch kommt, wunderbar.