guatemala
:

Kampf der Korrupten

Guatemalas Regierung geht gegen die unliebsame Justiz vor

Von Knut Henkel

Im mittelamerikanischen Guatemala hat die Entlassung des Leiters der „Sonderstaatsanwaltschaft gegen die Straflosigkeit“ zu einer ganzen Welle von Demonstrationen geführt, bei denen der Rücktritt des Präsidenten Alejandro Giammattei und der Generalstaatsanwältin Consuelo Porras gefordert wurde.

Sandoval und seine Dienststelle galten als letzte Bastion gegen die in Guatemala um sich greifende Korruption. Seine Entlassung am 23. Juli steht für den Roll-Back im Justizsektor, der seit dem Abzug der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) im September 2019 stattfindet. Unliebsame, weil ehrliche Richter und Richterinnen werden aussortiert und unter Druck gesetzt, Korruptionsskandale sorgen nicht erst seit dem Amtsantritt von Alejandro Giammattei im Januar 2020 für Schlagzeilen.

Dagegen und gegen die Verabschiedung eines Haushalts, der der Korruption Tür und Tor öffnet, gab es bereits im November 2020 massive Proteste. Ende Juli gingen erneut Zigtausende unter dem Hashtag #29/7 vor allem im Landesinnern auf die Straße. Sie protestierten gegen die Entlassung Sandovals und forderten Reformen ein.

Ob die kommen werden, hängt nicht zuletzt auch von den USA ab. Deren Mittelamerika-Politik hat sich unter Joe Biden grundlegend gewandelt. Es scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass die Ursachen der Migration in Mittelamerika eng verwoben sind mit der omnipräsenten Korruption, einem nicht funktionierenden Justizsystem und der organisierten Kriminalität.

Beleg dafür ist das am 22. Dezember 2020 verabschiedete Gesetz, welches als „Engelliste“ bekannt wurde. Auf der Liste, die nach dem demokratischen Abgeordneten Eliot Engel benannt wurde, landen alle Personen aus Honduras, El Salvador und Guatemala, die sich korrupt und undemokratisch verhalten. Ihnen wird die Einreise in genauso wie Geschäftstätigkeiten mit den USA verboten.

Die Engelliste soll allerdings nur der Anfang einer breiter angelegten politischen US-Initiative sein. Die Regierung Biden plant eine Antikorruptionskommission für alle drei Länder des nördlichen Dreiecks (Triángulo Norte – Guatemala, Honduras und El Salvador), um die Justiz zu stärken.

Das ist eine 180-Grad-Wende zur Politik von Bidens Amtsvorgänger Donald Trump. Der hatte untätig mitangesehen, wie die überaus erfolgreiche UN-Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) im September 2019 ihre Sachen packen musste. Die damalige korrupte guatemaltekische Regierung von Jimmy Morales hatte ihr Mandat nicht verlängert – weil die CICIG auch gegen den Präsidenten persönlich ermittelte.

Die Entlassung Sandovals, der eng mit der CICIG zusammenarbeitete, setzt diese Entwicklung fort und wird nun von den USA sanktioniert. Am 4. August kündigten die USA Visabeschränkungen für jene an, die die Demokratie in El Salvador, Honduras und Guatemala schwächen und die Unabhängigkeit der Justiz untergraben.