Klimaschutz wird zur Bauruine

Sofortprogramm der Regierung zu Gebäuden ist unklar und mangelhaft, befindet Expertenrat

Von Bernhard Pötter

Es war der erste richtige Test für das neue Klimaschutzgesetz durch den Expertenrat für Klimafragen (EKR) der Bundesregierung. Und er endete mit einer Ohrfeige für die Ministerien für Wirtschaft und Inneres. Ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht des fünfköpfigen EKR moniert, auch das Sofortprogramm zur Gebäudesanierung bringe wohl nicht die gesetzlich geforderten Emissionssenkungen. Außerdem sei unklar, welche rechtlichen Konsequenzen in Zukunft drohen, wenn die gesetzlichen Emissionsgrenzen überschritten werden. „Das Sofortprogramm trägt sicherlich zur weiteren Emissionsreduzierung bei“, sagte Hans-Martin Hennig, der Vorsitzende des Gremiums, aber das reiche nicht aus. „Für die Erreichung der Ziele werden voraussichtlich weitere Anstrengungen nötig werden.“

Im Klimaschutzgesetz, das die große Koalition Ende 2019 beschlossen hat, sind für alle Ressorts jährliche CO2-Obergrenzen festgelegt. 2020 überschritt der Gebäudebereich seine Marke von 118 Millionen Tonnen um 2 Millionen Tonnen. Laut Gesetz müssen die zuständigen Ministerien – in diesem Fall Inneres und Wirtschaft – ein Sofortprogramm vorlegen, um diese Lücke zu schließen. Das taten sie auch: Noch für 2021 sind darin zusätzlich 5,8 Milliarden Euro vorgesehen, um Häuser energetisch zu sanieren. Dieses Programm wurde jetzt vom Expertenrat begutachtet.

Dabei kritisieren die Experten, es fehle eine „methodisch konsistente Rechnung“, um das Programm zu bewerten. Die angebliche Minderung um 2 Millionen Tonnen sei zwar „grundsätzlich erreichbar“, werde aber „tendenziell überschätzt“. Auch sei unklar, wie die zusätzlichen 5,8 Milliarden zur CO2-Reduktion beitrügen und ob die Emissionen auch in der Zukunft langfristig sinken sollen. Das Bundeswirtschaftsministerium dagegen erklärte, „der Blick allein auf das Sofortprogramm 2020 greift zu kurz“. Es werde Geld für 2021 und 2022 zur Verfügung gestellt, um nach dem Klimaschutzgesetz die absehbare „Lücke beim Gebäudebereich“ bei den CO2-Reduktionen für 2022 über Sanierungen und mehr Effizienz zu schließen.

Der Expertenrat forderte zusätzlich, der Gesetzgeber müsse klarmachen, wie die „Sofortprogramme“ bei einer Überschreitung der CO2-Grenzen deren Einhaltung „sicherstellen sollen“. „Bei wörtlicher Interpretation“ müssten die Sofortprogramme „im Voraus und unter allen denkbaren Umständen“ garantieren, dass das Ziel erreicht werde, was „eine sehr starke Forderung“ wäre. Klarheit ist nötig: Die nächsten Verstöße gegen die CO2-Obergrenzen drohen laut Insidern bald, etwa im Verkehr.