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: Retro-Romantik im Wahlcamp

Jeden Montag trifft sich das taz Wahlcamp auf dem großen luftigen Dach des Hauses in der Friedrichstraße und bespricht die anstehenden Texte und Themen. Dabei steht, hoch gelegen über dem sechsten Stock, stets eine entscheidende Frage im Raum: Wer bekommt die Seite 36 der Wochenendausgabe?

„Ich find das echt komisch“, warf Peter Unfried, taz-Chefreporter und Wahlcamp-Betreuer, letzten Montag ein: „Ihr lest doch alle gar nicht die Printausgabe, warum wollt ihr da immer drin sein?“ Er hat auf jeden Fall recht. Wir, fünf junge Nachwuchsjournalist:innen, produzieren stets mehr Texte, als es Platz in der taz-Wochenendausgabe gibt. Immer, wenn der eigene Text dort erscheint, macht man innerlich einen Freudensalto. Lesen tun wir die Ausgabe trotzdem nicht.

Meistens finden wir einfach nicht die Zeit dafür. Außerdem ist es bequemer, die Überschriften auf taz.de zu überfliegen und das Interessanteste anzuklicken. Wenn der eigene Artikel online erscheint, freut man sich natürlich auch. Aber insgeheim ist sie da, unsere Liebe für Print.

Letztendlich kann man sich das romantische Verhältnis des Wahlcamps zur Printausgabe ein bisschen wie eine Schwärmerei in der fünften Klasse vorstellen. Man möchte wahrgenommen werden, aber sonst nichts damit zu tun haben. Man muss sich keine gemeinen Kommentare durchlesen und kann die Seite stattdessen zufrieden ausschneiden und im Zimmer aufhängen. Alle paar Tage schaut man drauf, seufzt, freut sich, errötet und wendet sich dem nächsten Text zu.

Shoko Bethke