„Fürchterlicher Tag“

Bei Borussia Mönchengladbach geht in Leverkusen alles schief. Verletzungen, Fehler und fehlende Fortune sorgen für eine Pleite

Schmerzhaftes Eigentor: Yann Sommer befördert den Ball selbst hinter die Linie Foto: dpa

Aus LeverkusenAndreas Morbach

Als Schiedsrichter Deniz Aytekin die Gladbacher von ihrem Leiden erlöste, kümmerte sich Yann Sommer gerade um den nächsten angeschlagenen Mitspieler. Zu Füßen von Borussias Torwart krümmte sich diesmal Linksverteidiger Ramy Bensebaini. Sommer tätschelte dem Algerier aufmunternd den Rücken. Und als währenddessen Aytekins Schlusspfiff ertönte, nahm der 32-jährige Schweizer den Ball wie bei einem Einwurf über den Kopf und schleuderte ihn lustlos Richtung Mittellinie.

Es war Sommers frustrierte Geste zum 0:4 seines Teams in Leverkusen, für das ihr neuer Cheftrainer Adi Hütter die passenden Worte fand: „Es war ein sehr ernüchternder Tag, mit den Verletzungen sogar ein fürchterlicher Tag.“ Bayers französischer Flügelflitzer Moussa Diaby war Bensebaini auf den Spann getreten, richtig übel erwischte es aber dessen Außenverteidigerkollegen Stefan Lainer: Der Österreicher musste kurz vor der Pause nach einem rüden Tackling von Bayers Neuzugang Mitchel Bakker mit Verdacht auf Knöchelbruch vom Feld. Darüber hinaus beendeten die Angreifer Marcus Thuram und Alassane Plea mit Knieverletzungen und der kränkelnde Abwehrchef Matthias Ginter ihren Arbeitstag vorzeitig.

„Das war ein sehr böses Foul, wie ich finde. Ich hoffe, dass sich Mitchel wenigstens bei Stefan entschuldigt und ihm Genesungswünsche zukommen lässt“, knurrte Borussias Sportdirektor Max Eberl zu der Szene, die zum einen zu einem Strafstoß für die Gäste führte (den Kapitän Lars Stindl recht jämmerlich vergab) – und zum anderen symbolisch für die gesamte Partie stand. „Wir haben“, hielt Leverkusens Bank-Vorstand Gerardo Seoane fest, „die nötige Zweikampfhärte und -stärke aufgebracht.“

Die enorme Wucht und ausgeprägte Aggressivität, die alle Mitglieder der Werkself an den Tag legten, zeigte Bakker gleich zu Beginn: In der dritten Minute drosch der niederländische U21-Nationalspieler, für 7 Millionen Euro von Paris Saint-Germain geholt, aus 25 Metern einfach mal aufs Tor. Sein Schuss klatschte an den Pfosten, prallte zurück zu Sommer – und vom linken Knöchel des verdutzten Eidgenossen hoppelte der Ball über die Torlinie.

Diese Eigentorszene wollte so gar nicht zu der Heldengeschichte passen, mit der Sommer von der EM heimgekehrt war. Im Achtelfinale gegen Frankreich hatte er den entscheidenden Elfmeter von Kylian Mbappé pariert und den Weltmeister aus dem Turnier verabschiedet. Zum Saisonstart knüpfte Sommer dann nahtlos an die Leistungen an und brachte mit seinen Reflexen Bayerns Weltfußballer Robert Lewandowski zur Verzweiflung.

„Das Glück war auf unserer Seite“

Leverkusens neuer Chefcoach Gerardo Seoane

Am Samstag brachte Sommer beim ebenfalls frühen 2:0 für die Werkself bei Patrik Schicks Schuss die Hand nur noch schwach an den Ball. Und beim letzten Treffer der Leverkusener – das 3:0 erzielte Diaby – patschte er den verdeckten Schuss von Nadiem Amiri seitlich nach hinten, sodass der Ball wieder den Weg ins Tor fand.

„Das Glück war auf unserer Seite, das hat einigen Einfluss gehabt“, kommentierte Leverkusens neuer Chefcoach Seoane den Patzer seines Landsmanns beim ersten Tor. Der Unglückliche sprach seinerseits von „vielen auch schwierigen Situationen“, bekannte aber zugleich: „Ich weiß, wie ich mit so einem Spiel umgehen muss, man ist leider nicht immer auf einem Top-Level. Wir müssen dieses Spiel als Mannschaft sehr gut analysieren, denn wir waren auch läuferisch schlechter als der Gegner.“

Bei den Leverkusenern herrscht dagegen erst mal eitel Sonnenschein. „Das war ein ziemlich starkes Spiel von uns – und das vor Publikum. Ich bin noch mal neu in mein Hobby verliebt“, teilte Keeper Lukas Hradecky mit. Übungsleiter Seoane lobte den „großen Teamspirit“ der Werkself, dann fügte er lächelnd hinzu: „Wir nehmen dieses Spiel als Messlatte, sind selbstverständlich ambitioniert und wollen das Maximum. Aber das Schwierigste im Fußball ist Konstanz – und das wird noch einige Zeit brauchen.“