Australien kämpft mit neuer Corona-Welle

Steigende Zahlen von Covid-19-Erkrankungen haben aus­tralische Bundesstaaten zur Verhängung strenger Lockdowns veranlasst. In Victoria mit der Metropole Melbourne wurde der Lockdown auf den gesamten Bundesstaat ausgedehnt. Im Bundesstaat New South Wales kündigte die Regierung am Freitag an, den für den Großraum Sydney geltenden Lockdown bis Ende September zu verlängern. Von Montag an sollen die Menschen eine Maske tragen, sobald sie ihr Haus verlassen.

Das 25 Millionen Einwohner zählende Land hat die Pandemie mit strikten Maßnahmen wie einer Einreisesperre erfolgreich bekämpft. Bisher sind in Australien 970 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus gestorben, mehr als 42.000 Menschen infizierten sich landesweit. Alleine Sydney meldete am Sonntag aber 830 neue Ansteckungen.

Als besonders gefährdet gilt die gesundheitlich ohnehin benachteiligte indigene Bevölkerung in abgelegenen Teilen Australiens. Eine hohe Infektionsrate hätte verheerende Folgen für die gesundheitlich stark gefährdete Gruppe. Die bis zu 800.000 Abo­rigines und Bewohner der Torres-Meeresstraße sterben im Durchschnitt über zehn Jahre früher als nicht indigene Australierinnen und Australier. Der Mangel an medizinischer Versorgung und gesunder Ernährung in Kombination mit Gewalt, Verwahrlosung und ungenügenden, oftmals überfüllten Unterkünften führt dazu, dass Diabetes, Grippe, Nierenkrankheiten und Blindheit in einigen abgelegenen Aborigines-Gemeinden endemisch sind.

Die Behörden haben inzwischen die Armee aufgeboten, um die Ausbreitung des Virus in Orten wie Wilcannia zu stoppen: Mobile Einsatzgruppen sind damit beschäftigt, gefährdete Gemeinden medizinisch zu versorgen und die Bevölkerung zu impfen. Zwar sind indigene Australier schon vor Monaten als „klar definierte gefährdete Gruppe“ identifiziert worden, die bevorzugt Zugang zu Covid-19-Impfungen haben sollte. Doch die Hoffnung von Experten, dadurch die Gefahr für Abo­rigines reduzieren zu können, hat sich nicht erfüllt. Erst etwa 30 Prozent der indigenen Australier haben die erste von zwei Injektionen erhalten, während es beim Rest der Bevölkerung über 50 Prozent sind. Während die Zahl der komplett geimpften Australier am Wochenende bei etwa 30 Prozent lag, hatten erst etwa 10 Prozent der Aborigines beide Spritzen erhalten.

In mehreren australischen Großstädten kam es am Wochenende zu Protesten gegen die jüngsten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Beamte nahmen allein in Melbourne bis zum Samstagnachmittag 218 der etwa 4.000 Demonstranten fest und verhängten 236 Strafgelder von umgerechnet jeweils 3.330 Euro. In Sydney waren mehr als 1.500 Beamte im Einsatz, um nicht genehmigte Proteste zu verhindern oder aufzulösen.

Urs Wälterlin, Canberra