Diplomatischer Streit eskaliert: China sieht in Litauen rot

China beruft seinen Botschafter aus Litauen ab und weist Vilnius’ Vertreter aus. Es geht um ein neues Handelsbüro Taiwans in Litauen.

rotgekleidete Menschen huldigen der chinesischen Flagge

China feierte 100 Jahre kommunistische Partei und tritt gegen Taiwan immer kompromissloser auf Foto: Thomas Peter/reuters

BERLIN taz | Chinas gloaler Einfluss hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Gewachsen ist aber auch sein Imageproblem, zumindest in einigen Ländern. Daran ist nicht nur Chinas Verteufelung durch Donald Trump schuld, auch nicht allein Pekings Menschenrechtsverletzungen etwa an den Uiguren in Xinjiang oder der Bruch des Autonomieversprechens in Hongkong. Vielmehr verprellt China andere oft durch sein kompromissloses und arrogant empfundenes Auftreten.

So berief Peking am Dienstag seinen Botschafter aus Vilnius ab und wies zugleich Litauens Vertreter aus. Das baltische Land mit nur 2,8 Millionen Einwohnern hatte doch tatsächlich dem von nur 15 unbedeutenden Staaten diplomatisch anerkannten Taiwan erlaubt, in Vilnius ein Handelsbüro zu eröffnen.

Solche Wirtschafts- und Kulturbüros, die letztlich als informelle Vertretungen der ostasiatischen Inselrepublik und ihrer 23,5 Millionen Be­woh­ne­r*in­nen dienen, gibt es in mehr als 70 Staaten. Das erfreut Peking nicht, das Taiwan als Teil der Volksrepublik beansprucht und mit gewaltsamer Eroberung droht.

Doch wie etwa am Berliner Gendarmenmarkt, wo Taiwans informelle Botschaft offiziell „Taipeh-Vertretung“ heißt, wird dies von Peking letztlich geduldet. Chinas Regierung ist aber im Rahmen seines Mantras der „Ein-China-Politik“ nicht bereit zu akzeptieren, was bei dem Büro in Vilnius vorgesehen ist: Dort soll der Name Taiwan groß auf dem Schild stehen. Die Eröffnung des taiwanischen Büros und eines litauischen Pendants in Taipeh sind bis Jahresende geplant.

Peking akzeptiert den Namen Taiwan nicht

Der Name Taiwan ist für Peking eine Provokation, weil er als Schritt zur Unabhängigkeit der demokratischen Inselrepublik gewertet wird. Deren Name lautet offiziell „Republik China“. Das zeigt für Peking die Zugehörigkeit zu China. Schon als die Insel vor einigen Jahren auf die Reisepässe ihrer Be­woh­ne­r*in­nen „Taiwan“ statt „Republik China“ drucken wollte, drohte China mit Konsequenzen.

Das kleine Litauen möchte eine Abhängigkeit vom mächtigen China vermeiden

Jetzt wird Vilnius gedroht. Das Außenministerium in Peking forderte am Dienstag Litauen auf, „seine falsche Entscheidung unverzüglich zu korrigieren, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um den Schaden rückgängig zu machen und den falschen Weg nicht weiter zu beschreiten“.

Sollte Vilnius die Eröffnung des Büros erlauben, hätte das „potenzielle Konsequenzen“, so Chinas Außenamt. Welche gemeint sind, blieb offen. Pekings Reaktion zielte dabei nicht nur auf das kleine Litauen, sondern soll auch andere Staaten von einem ähnlichen Schritt abschrecken.

Auch Taiwan wird wieder gedroht. Dessen Unabhängigkeit sei eine Sackgasse und jeder Versuch separatistischer Aktivitäten auf der internationalen Bühne sei zum Scheitern verurteilt: „Die chinesische Regierung und das Volk sind fest entschlossen, die Wiedervereinigung des Landes zu erreichen. Die rote Linie der Wahrung der nationalen Souveränität und der territorialen Integrität darf nicht überschritten werden,“ heißt es auch Peking.

Litauen möchte nicht von China abhängig werden

Litauens Außenministerium erklärte, an der Ein-China-Politik festzuhalten, aber eben die wirtschaftlichen Beziehungen zu Taiwan ausbauen zu wollen, um nicht von China abhängig zu werden. Vilnius sprach dabei auch von der Unterstützung von Menschenrechten und Demokratie und hatte dem demokratisch regierten Taiwan bereits Corona-Impfstoff gespendet.

Für Litauen ist China längst kein so wichtiger Handelspartner wie für andere EU-Staaten. Mit einem bilateralen Volumen von 1,8 Milliarden Dollar ist die Volksrepublik nur der zwölftgrößte Handelspartner Litauens.

Vilnius stieg schon im Mai aus dem 17+1-Format aus, mit dem Peking ost- und südosteuropäische Länder mit Milliarden­investitionen umgarnt und zugleich die EU-Staaten zu spalten versucht.

Während China damit in Serbien, Ungarn und Griechenland Erfolg hat, sind Polen, Tschechien und die baltischen Staaten inzwischen ernüchtert. Tschechiens Hauptstad Prag vereinbarte zum Ärger Pekings sogar kürzlich eine Städtepartnerschaft mit Taipeh.

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