Impfungen für papierlose Menschen: Der Piks für wirklich alle

Auch Illegalisierte oder Menschen ohne Krankenversicherung können sich in Berlin mittlerweile impfen lassen. Es gibt niedrigschwellige Angebote.

Gibt es nur für Menschen mit Papieren: Spontane Pop-up-Impfung per Drive-In in Berlin Foto: Fabian Sommer/dpa

BERLIN taz | Wer sich gegen das Coronavirus impfen lassen will, kann einen Termin buchen oder spontan ein Pop-up-Impfangebot nutzen. Aber was ist mit Menschen, die sich illegal in Berlin aufhalten, keine Papiere oder Krankenversicherung haben? Sie können sich weder im Impfzentrum noch beim Hausarzt oder Spontanangeboten ihren Piks abholen. Überall dort müssten sie ihren Ausweis vorzeigen und krankenversichert sein. Nach Recherchen der taz wollen sich viele Illegalisierte tatsächlich impfen lassen – und langsam gibt es auch Angebote.

Einige Impfangebote für statuslose Menschen gab es bereits im April, als Berlin Obdachlose an zwanzig Orten der Wohnungslosenhilfe impfte. Das berichtet Taina Gärtner der taz, die sich um afrikanische Geflüchtete kümmert, die bis 2014 auf dem Oranienplatz wohnten und bis heute ihren Status nicht legalisieren konnten. „Ich bin Sozialsenatorin Elke Breitenbach dankbar, dass sie das ermöglichte. Wer auf der Straße lebt, hat das am nötigsten. Sie selbst waren darüber auch erleichtert“, sagt Gärtner. Andere warteten weiter auf Imp­fangebote.

Laut Gesundheitsverwaltung können sich seit dem 30. Juni Menschen ohne Krankenversicherung oder Ausweis an drei Orten nach Terminvereinbarung impfen lassen. Dafür stehen nach Senatsangaben 250 Dosen pro Woche bereit. Einer dieser Orte ist das Zentrum für sexuelle Gesundheit in Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Angebot kursiert seit drei Wochen in vietnamesischsprachigen Facebookgruppen. Entsprechend fragen vor allem VietnamesInnen Termine nach. Das bestätigt Kerstin Dettmer der taz, die dort als Ärztin arbeitet. Es kämen sowohl vietnamesische Gewerbetreibende ohne Versicherung, die seit Jahrzehnten legal hier leben, als auch Leute ohne Aufenthaltsstatus, sagt sie. Darunter seien etwa schwangere Vietnamesinnen, die – um nicht abgeschoben zu werden – erst im achten Monat Asyl beantragen.

Aber auch viele OsteuropäerInnen wollen die Impfungen, darunter Sexarbeiterinnen und Menschen, die mit Touristenvisum in Berlin leben. Das Zentrum arbeite mit DolmetscherInnen für Russisch, Polnisch, Vietnamesisch, Rumänisch, Bulgarisch, Französisch, Arabisch und Farsi. Ihre Einrichtung habe sich zu den Impfungen entschieden, weil sie mit diesem Personenkreis ohnehin arbeiten, sagt die Ärztin.

Niedrigschwellige Angebote in Einrichtungen

Aber auch Gesundheitsämter impfen in Einzelfällen Personen ohne Krankenversicherung oder legalen Aufenthalt. Das bestätigt Marzahn-Hellersdorfs Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) der taz, schränkt aber ein: „sofern sie das Gesundheitsamt aufsuchen“. Laut Sozialverwaltung impfen zudem einzelne Einrichtungen wie die Suppenküche der Franziskaner oder der Träger Gangway den Personenkreis niedrigschwellig.

Ähnliches plant auch die Gesundheitsverwaltung. Stefan Strauß, Sprecher von Sozialsenatorin Breitenbach, erläutert: „Dazu werden in Einrichtungen, die von den Betroffenen ohnehin aufgesucht werden, Impfinseln eingerichtet, die ohne große Hürden den Zugang ermöglichen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.