Sonne wird kaum genutzt

In den vergangenen fünf Jahren entstanden auf Bremens öffentlichen Gebäuden gerade mal fünf neue Photovoltaik-Anlagen – dabei soll Solarenergie doch „zum Standard“ werden

In Bremen sind solche Solardächer eher noch eine Seltenheit Foto: Julian Stratenschulte/dpa

VonJan Zier

Der Ausbau der Photovoltaik auf Bremens öffentlichen Gebäuden geht nur langsam voran. Das muss der rot-grün-rote Senat auf Anfrage der CDU einräumen.

Dabei hat die Bremische Bürgerschaft nicht nur eine „Klimanotlage“ ausgerufen, sondern auch schon vor einem Jahr beschlossen, dass alle Bremer Neubauten künftig mit Solardächern ausgestattet werden – die Grünen feierten das als großen Erfolg ihrer Regierungsbeteiligung: „Solarenergie wird in Bremen und Bremerhaven künftig zum Standard“, sagten sie.

In der Realität ist die Zahl der Solaranlagen auf öffentlichen Immobilien in Bremen laut der Landesregierung zwischen 2016 und 2020 von 85 auf 89 gestiegen. Also von einer Spitzengesamtleistung von 8.390 auf 8.680 Kilowattstunden. Im vergangenen Jahr entstanden nur zwei neue Anlagen – eine auf der Hochschule Bremerhaven, eine bei der Bremer Straßenbahn AG; zusammen produzieren sie maximal 112 Kilowatt. Am fehlenden Potenzial liegt es nicht: Allein Immobilien Bremen verwaltet nach eigenen Angaben über 2.000 Liegenschaften.

Und wie sehen die aktuellen Planungen dort aus? Die Landesregierung spricht selbstbewusst von „zahlreichen“ Projekten, die sich momentan in unterschiedlichen Phasen befänden. Ganz konkret heißt dies: Immobilien Bremen plant in diesem und im kommenden Jahr insgesamt 20 Anlagen mit einer Gesamtleistung von maximal rund 1.000 Kilowatt, der Umweltbetrieb Bremen errichtet weitere sieben Anlagen. Hinzu kommt noch eine kleine Anlage in Bremerhaven, die noch in diesem Jahr im Betrieb gehen soll.

Dass es überhaupt Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen auf öffentlichen Gebäuden in Bremen geben darf, ist noch neu: Bis 2019 sahen die technischen Standards das gar nicht vor, erklärt der Senat. Deswegen wurden solche Anlagen „nur ausnahmsweise als Pilotprojekte realisiert“. Heute können neue Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Immobilien theoretisch immer dann entstehen, „wenn ein bedeutender Anteil des erzeugten Stroms selbst verbraucht wird“. Denn dann gelten sie als „wirtschaftlich rentabel“ – und das wiederum ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie genehmigt werden. Die Kosten für die Anlagen liegen laut Immobilien Bremen zwischen 1.200 und 2.000 Euro pro Kilowattstunde Spitzenleistung.

Martin Michalik, klimapolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und Vorsitzender der Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für Bremen“ nennt die vorliegende Bilanz angesichts der „sehr ambitionierten Klimaziele“ der rot-grün-roten Landesregierung ein „politisches Armutszeugnis“. Der Senat agiere „viel zu zögerlich“, sagt Michalik, der sich über die Antworten auf die Kleine Anfrage der CDU „sehr geärgert“ hat. Und das, was da gerade an neuen Anlagen geplant werde, sei für ihn „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“ – er fordert „viel größere und ambitioniertere Projekte“.

„Der Senat agiert viel zu zögerlich“

Martin Michalik, Sprecher der CDU für Klimawandel und Umwelt

„Der Wille ist da“, konstatiert Katja Muchow, stellvertretende Geschäftsführerin des BUND in Bremen. „Aber es geht viel zu langsam. Das ist alles ziemlich zäh.“ Ein Grund: Wenn auf einer Schule ein Solardach errichtet werden soll, dann ist neben Immobilien Bremen, die das Gebäude verwalten, das SPD-geführte Bildungsressort, aber auch die grüne Senatorin für Klimaschutz und Umwelt sowie der grüne Finanzsenator involviert. „Unternehmen tun sich da leichter“, sagt Muchow.

Laut Solardachkataster ist auf den Dachflächen in Bremen und Bremerhaven eine theore­tische Spitzenleistung von 1.550 Megawatt und eine jährliche Stromerzeugung von 1.410 Gigawattstunden möglich. Das entspräche gut 40 Prozent des derzeitigen Stromverbrauchs im Land Bremen, wenn man die Stahlindustrie herausrechnet.

Bis 2030 soll der Strom aus Photovoltaikanlagen laut Rot-grün-rot zumindest „einen maßgeblichen Anteil“ des Stromverbrauchs im Land decken.­ Im letzten Sommer waren im Land Bremen rund 44 Megawatt an Photovoltaikleistung installiert. „Im Vergleich zu anderen Großstädten in Deutschland stehen Bremen und Bremerhaven damit gut da“, befand ein Dringlichkeitsantrag der Regierungsfraktionen im vergangenen Jahr.