Bremer Stotterstart in die 2. Liga

Erst Jubel – dann lange Gesichter: Werder Bremen ist mit dem 1:1 beim Spiel gegen Hannover 96 noch gut bedient

Von Ralf Lorenzen

Die ersten Akzente im ersten Spiel von Werder Bremen in der 2. Bundesliga nach 40 Jahren setzen die erstmals wieder zugelassenen 14 000 Zuschauer: innen. Mit lauten Gesängen schütteten sie die lange aufgesparten Glückshormone schon beim Aufwärmen auf ihre Mannschaft aus.

Dass ein halber Sommer und die Rückkehr der Fans nicht alle Wunden des Abstiegs heilen konnten, wurde bei der Begrüßungsrede von Präsident Hubertus Hess-Grunewald deutlich, die von einem Gemisch aus Pfiffen und Beifall begleitet wurde.

„Vor dem Wiederaufstieg kommt der Wiederaufbau“ lautet der Leitsatz von Neu-Trainer Markus Anfang für diese Saison. Doch der große Umbruch lässt auf sich warten, in der Startelf standen acht Spieler, die auch in der letzten Saison zum Kader gehörten. Darunter mindestens vier, die bis zum Ende der Transferperiode am 31. August noch verkauft werden könnten: Yuya Osako, Josh Sargent, Ömer Toprak und Maximilian Eggestein.

Nur Milot Rashica ist bislang verkauft werden, aber erst mit weiteren Transfererlösen kann der Klub die für das von Anfang installierte 433-System dringend benötigten Außenstürmer verpflichten. Gegen Hannover halfen dort die fachfremden Felix Agu und Sargent aus.

In der Anfangsphase setzte die Mannschaft mit dem Rückenwind des Publikums das Offensiv-Konzept in schnelle Angriffskombinationen um. Dabei tat sich besonders Niklas Schmidt hervor, der in der letzten Saison zum VFL Osnabrück ausgeliehen war und in Bremen schon abgeschrieben schien. Mit großer Laufleistung, intelligenten Pässe und gefährlichen Standards schwang er sich zum Chef im Mittelfeld auf.

Von hinten organisierte der frisch gewählte Kapitän Toprak das Spiel – wobei er den Ball mitunter aufreizend lange verschleppte, wenn ihm die Staffelung seiner Vorderleute nicht gefiel. Besonders Neuzugang Anthony Jung dirigierte er häufig in die richtigen Räume. Die beiden prägenden Werder-Figuren der ersten Hälfte besorgten kurz nach Wiederanpfiff die Bremer Führung. Nach einer Schmidt-Ecke bedrängte Toprak den Hannoveraner Simon Falette so stark, dass der ins eigene Tor köpfte.

Doch im Überschwang der Angriffslust lockerten die Bremer in der 55. Minute erst mal ihre Absicherung und der starke Marvin Ducksch lief nach einem langen Pass von Sei Muroya frei auf Torwart Michael Zetterer zu und überlupfte diesen. Danach riss der Faden im Bremer Spiel völlig, es wurde keine Aktion mehr sauber zu Ende gespielt und hinten verhinderten der Pfosten und Zetterer gegen immer selbstbewusstere Hannoveraner die Niederlage.

„Wir müssen die Liga annehmen, das ist ein Prozess, für den wir heute zumindest den ersten Schritt gemacht haben“, sagte Trainer Anfang nach dem Spiel. „Das Ziel ist der Wiederaufbau und diesen Prozess begleiten wir Woche für Woche, um eine Stabilität ins Spiel zu bekommen.“ Um diese Stabilität ringt vor der Mitgliederversammlung am 5. September, auf der Zweidrittel des Aufsichtsrats neu gewählt werden, der gesamte Verein.