Nahverkehr leidet unter Coronakrise: ÖPNV kämpft um Kunden

In der Pandemie sind die Fahrgastzahlen eingebrochen. Mit Treuebonus, neuen Abo-Tickets und einer App will der Nahverkehr Kunden zurückholen.

Eine Straßenbahn spiegelt sich in einer Regenpfütze

Deutscher geht es nicht: die Mission „Fahrgastrückgewinnung“ beginnt Foto: Paul Zinken/dpa

BERLIN taz | Die Kampfansage des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) klingt etwas sperrig. „Mission Fahrgastrückgewinnung“ heißt die Kampagne, mit der wieder mehr Passagiere in Busse und Bahnen gelockt werden sollen. Denn noch immer steigen nur 60 Prozent der vor Corona gezählten Passagiere ein.

Einen Treuebonus gibt es zunächst für die Stammkunden mit Abo-Tickets. Vom 13. bis zum 26. September können sie ihr Ticket auch für Fahrten in anderen Verkehrsverbünden nutzen, Münchner Kunden etwa kostenlos einen Bus im Ruhrgebiet oder in Frankfurt nutzen. Die Deutsche Bahn bietet den Stammkunden in dieser Zeit eine vergünstigte BahnCard 25 an. Der Preis steht noch nicht fest. „Wir müssen und wollen so schnell wie möglich Fahrgäste zurückgewinnen“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann bei einer Online-Pressekonferenz am Donnerstag.

Die Verkehrsunternehmen wollen aus den Erfahrungen während der Pandemie neue Angebote entwickeln. Denn das Mobilitätsverhalten wird sich zum Teil dauerhaft ändern. So planen die Verkehrsunternehmen die Einführung von Homeoffice-Tickets oder Abos als Flatrate, die sich schon nach wenigen Fahrten lohnen. Digitale Ticketangebote sollen dazukommen.

Schon länger arbeitet die Branche an einer zentralen Buchungs-App, über die Fahrscheine in ganz Deutschland gekauft werden können. Ende diesen Jahres werde die Test-App dazu herausgebracht, kündigte Wortmann an. Der Verband rechnet mit einer zweijährigen Testphase. 2024 könnte das Buchungssystem dann mit allen Funktionen eingeführt werden. Entwickelt wird die App von Mobility Inside, einem Gemeinschaftsunternehmen unter anderem der Münchner Stadtwerke, dem Rhein-Main-Verkehrsverbund und der Deutschen Bahn. Eine einheitliche Tarifstruktur im Nahverkehr wird es damit aber nicht geben.

Erfolgreiche Kampagne nötig

Das Angebot will die Branche ebenfalls ausbauen und verbessern. Laut Wortmann wird es mehr On-Demand-Verkehre geben, also beispielsweise Ruftaxis. Dies sei nicht nur in ländlichen Gebieten notwendig, sondern auch in Städten, betonte der VDV-Chef.

Einen Erfolg mit der Kampagne haben die Nahverkehrsanbieter dringend nötig. Die beiden Pandemiejahre haben ein Loch von 7 Milliarden Euro in den Kassen hinterlassen. Bund und Länder fangen die Mindereinnahmen durch einen Rettungsschirm auf. Doch die Gefahr wächst, dass finanziell schwache Kommunen das Verkehrsangebot kürzen müssen. „Die Sorge ist da“, sagte Wortmann und verwies auf erste Einschränkungen in Offenbach oder in Wuppertal.

Bis zum Ende des Jahrzehnt sollen sehr viel mehr Menschen Busse und Bahnen nutzen, das Angebot soll also größer werden. Das sehen die Klimaschutzziele so vor. Dafür fehlen laut VDV aber noch insgesamt 11 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030.

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