Sperrfeuer gegen Asse-Räumung

RÜCKHOLUNGSSTREIT Ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundesamts für Strahlenschutz hält die Bergung der radioaktiven Abfälle für nahezu unmöglich. Noch vor wenigen Wochen verteidigte er das Vorhaben

Im BfS habe man die Schockstarre der Politiker „Asse Mikado“ genannt

Neues Sperrfeuer gegen die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus dem Atommülllager Asse: Der ehemalige Fachbereichsleiter aus dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), Michael Siemann, hält das Vorhaben nun aus technischen Gründen für nahezu unmöglich. „Das ist so, als wenn jemand von mir verlangen würde, die 100 Meter unter zehn Sekunden zu laufen“, sagte der Mineraloge gestern im NDR-Magazin Panorama.

Die Politiker wüssten, dass eine Bergung des Atommülls unrealistisch sei, sagte Siemann. Doch „aus Angst vor der Reaktion der Bevölkerung“ werde diese Warnung verdrängt. Im BfS habe man die Schockstarre der Politiker „Asse Mikado“ genannt: „Wer sich zuerst bewegt, kriegt die schlechteste Presse.“

Dagegen hält das Bundesamt weiter an dem Ziel der Rückholung fest. BfS-Sprecher Werner Nording sagte, seine Behörde habe 2009 die Aufgabe übertragen bekommen, die Asse nach den Anforderungen des Atomrechts sicher stillzulegen. Dies sei nach dem derzeitigen Stand nur durch die Rückholung möglich. Ob dies gelingen könne, werde jetzt in der Probephase ermittelt.

„Michael Siemann hat in leitender Funktion im BfS bis vor Kurzem alle Ergebnisse bei der Asse aktiv mitgetragen und sich jetzt überraschend öffentlich distanziert“, sagte Nording. Siemann war im Herbst 2010 zum BfS gestoßen und hatte das Amt erst vor wenigen Wochen verlassen.

Atomkraftgegner kritisierten die Äußerungen Siemanns: Er präsentiere keine neuen Fakten, die seine Bewertung untermauerten. „Daher dürfte es lediglich als ein erneuter publizistischer Vorstoß zu sehen sein, um die Entscheidung für die Räumung der Asse zu torpedieren“, sagte Andreas Riekeberg vom Asse 2-Koordinationskreis. Die Grünen im Landtag sehen das ähnlich. „Die Atomlobby bekommt offenbar Panikattacken bei der Vorstellung, dass ihre wilde Müllkippe genauer unter die Lupe genommen wird“, sagte Fraktionschef Stefan Wenzel. RP