mitgeschippert
: Mit Ökostrom über die Kieler Förde

Auch zum Feiern von Handballmeisterschaften geeignet: die „Düsternbrook“ Foto: Frank Molter/dpa

Jahrmarktsbuden und weiße Zelte stehen am Ufer der Kieler Förde, die Disco-Version des Partisanen-Klassikers „Bella Ciao“ schallt über die im Hafen dümpelnden Yachten und die Menschen, die am Kai auf die Fähre zum Ostufer warten. Auf dem Wasser ist reger Betrieb:­ Seg­ler­*­in­nen nutzen den Wind, Motorboote knattern in Richtung Ostsee und regelmäßig fahren die schwarz-weißen Mini-Dampfer der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel (SFK) vorbei an der Reventlou-Brücke, dem Anleger neben dem Landtag. Die „MS Schwentine“ tuckert auf die Brücke zu, Pas­sa­gie­r*in­nen gehen von Bord, dann klappt die Gangway wieder hoch. Mit laufendem Motor liegt die „Schwentine“ am Kai, selbst im Leerlauf ist das Tuckern zu hören. Überhaupt bildet das tiefe Dieseldröhnen der Motoren, verstärkt durch das dumpfe Brummen eines auslaufenden Kreuzfahrtschiffs, ein Grundrauschen, das die Möwenrufe und das „Bella Ciao“ übertönen müssen.

Die „MS Düsternbrook“ nähert sich lautlos. Sie rauscht an dem Kreuzfahrer vorbei und legt an der Reventlou-Brücke an. Die „Düsternbrook“ – blauer Rumpf, rote Reling, ein weißer Aufbau für die Brücke – ist „das erste Schiff im ÖPNV an der norddeutschen Küste, welches keinen Verbrennungsmotor mehr hat“, teilte die SFK stolz mit. Anfang Juni ging die erste vollelektrische Fähre Kiels in Betrieb, ein „wichtiger Baustein, um den Kieler Hafen umweltfreundlicher zu machen“, sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) bei der Taufe. Er versprach: „Weitere Schritte mit klimafreundlichem Antrieb werden folgen.“

Die „Düsternbrook“ ist deutlich kleiner als die Fähr-Dampfer auf der Förde, sie hat kein Sonnendeck wie die „Schwentine“. Die Reling am Bug der E-Fähre ist tief heruntergezogen, und in dieser Lücke weht die Kieler Stadtfahne, rot mit dem silbrigen Nesselblatt und einem schwarzen Boot. Die Pas­sa­gie­r*in­nen strömen an Bord. Einige bleiben am Bug, wo Fahrradständer montiert sind, andere gehen in die Kabine oder auf die Aussichtsplattform am Heck. Knapp 25 Meter ist das Schiff lang, es kann 140 Personen und 60 Fahrräder transportieren und emissionsfrei über die Förde schippern.

Die „Düsternbrook“ legt ab und beschleunigt. Das einzige Geräusch ist ein feines, elektrisches Sirren und ein Zischen – das ist der Rumpf, der durch die Wellen schneidet. Hinter dem Schiff schäumt das Kielwasser, es klingt laut, da kein Motorentuckern es übertönt. Das Ufer mit den weißen Zelten bleibt zurück, der Blick auf die Förde öffnet sich, dort zieht der behäbige Kreuzfahrer davon.

Rund zehn Stunden kann die Fähre Dienst tun, dann muss sie neu aufgeladen werden. Dazu sind Ladeeinrichtungen an den Anlegern entstanden, über die „100 Prozent Ökostrom“ eingespeist wird, wie SFK-Sprecherin Andrea Kobarg betont. Zusätzliche Energie kommt von Solarzellen an Bord. Die ersten Erfahrungen seien gut, berichtet Kobarg: „Die Fahrgäste freuen sich, wie leise es ist.“ Und wirtschaftlicher sei der Betrieb obendrein.

Fast lautlos gleitet sie in die Mündung der Schwentine

In wenigen Minuten hat die „Düsternbrook“ die Förde überquert. Bei der Einfahrt in die Mündung der Schwentine gleitet sie fast lautlos über das Wasser. An den Anlegern an der Fachhochschule und des Geomar-Forschungsinstituts steigen Fahrgäste zu, dann geht es zurück zur Reventlou-Brücke. Esther Geißlinger