Machtkampf folgt Mord

In Haiti konkurrieren nach dem Präsidenten-Attentat zwei Premiers um die Macht

Nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse hat die Polizei 17 mutmaßliche Täter festgenommen. Insgesamt seien 28 Personen an dem Angriff beteiligt gewesen, sagte Polizeichef Léon Charles. Acht Verdächtige seien auf der Flucht. Bei den Festgenommenen handele es sich um 15 Kolumbianer und zwei US-Amerikaner. Die kolumbianische Regierung bestätigte, dass mindestens sechs der mutmaßlichen Attentäter aus dem Land stammen. Sie seien ehemalige Armeeangehörige.

Derweil nehmen die politischen Spannungen in dem 11- Millionen-Einwohner-Land zu, seit Moïse in der Nacht zum Mittwoch in seinem Haus ermordet wurde. Der designierte Premierminister Ariel Henry stellte die Legitimität des Übergangspremiers Claude Joseph in Frage. „Für mich ist er nicht mehr der Premierminister,“ sagte er. Henry, der von Moïse ernannt worden war, sollte das Amt in diesen Tagen übernehmen. Am Mittwochabend hatte Joseph den landesweiten Notstand ausgerufen. Das Militär kann damit polizeiliche Aufgaben übernehmen.

Sowohl die Opposition als auch der Oberste Gerichtshof hatten die Rechtmäßigkeit von Moïses Präsidentschaft bestritten. Da keine Parlamentswahlen stattfanden, regierte Moïse in den letzten Jahren per Dekret. Während Regimekritiker seinen Rücktritt forderten, wurde er von den EU und den USA gestützt. Hilfsorganisationen und Menschenrechtler warfen Moïse vor, er habe politische Institutionen geschwächt und sei brutal gegen demokratische Bewegungen vorgegangen.

Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Freitag von einer „gewissen Sorge“ und äußerte die Hoffnung, dass in Haiti Stabilität gewahrt werden könne. Er verurteilte die „grässliche Tat“ und drückte die Anteilnahme Deutschlands aus. (epd)