„Ohne Disco geht es nicht“

UMDREHUNGEN Jay Anderson ist DJ Alternegro. Ein schwuler schwarzer Amerikaner, der in Deutschland endlich das Gefühl hat, dass er dazugehört. Ein Gespräch über Träume, Musik und die normative Kraft von Fernsehserien

■ Geboren: 13. Februar 1976 in New Jersey

■ Ausbildung: Studium der Psychologie an der Seattle University, Abschluss 2007

■ Beruf: DJ

■ Künstlername: Disquejockey Alternegro

■ Legt auf im: Valentin Stüberl, Ficken3000, Muschi Obermaier, CCCP Club, Südblock, Schilling Bar, Booze Bar, King Size, Cassiopeia, Mix, Monster Ronson’s, Monarch, Soju Bar (alle Berlin)

■ Kontakt: www.facebook.com/disquejockey.alternegro

■ Wohnhaft: Berlin-Kreuzberg

■ Lieblingsort: U-Bahnhof Rathaus Neukölln

■ Lieblingsessen: Pizza

■ Instrumente: Saxofon, Klarinette und Posaune

■ Queer as Folk: Kanadisch-amerikanische Fernsehserie über Schwule und Lesben in Pittsburgh, Pennyslvania (2000–2005)

■ Cosby-Show: Amerikanische Sitcom über eine afroamerikanische Arztfamilie der oberen Mittelklasse (1984–1992)

■ Roots: Minifernsehserie über sieben Generationen einer afroamerikanischen Familie (1977)

INTERVIEW MARTIN REICHERT

Berlin zeigt sich an diesem Sommertag nicht von seiner besten Seite. Es ist kühl und regnerisch – aber wir sitzen konsequent draußen. Im „Melitta Sundström“, einer traditionsreichen schwullesbischen Institution. Umtost von Techno-Sound: Autos rauschen, Lkws donnern und zwei Berliner Bierkutscher bollern Fässer und Kisten in den Keller der Kneipe – Nachschub für das Nachtleben, in dem Jay Anderson seine Brötchen verdient. Wie im Amerikanischen und in der schwulen Community üblich, duzen wir uns.

sonntaz: Jay, wann bist du heute aufgestanden

Jay Anderson: Um halb acht.

So früh? Hast du gestern nicht aufgelegt?

Doch, schon. Normalerweise stehe ich erst mittags auf.

In welcher Sprache träumst du?

Immer auf Englisch. Aber neulich auf Deutsch – und ich habe jedes Wort verstanden!

Was hast du geträumt?

Ich hatte einen Auftritt und konnte den Weg zum Auftrittslokal einfach nicht finden – ich musste den Weg herausfinden, auf Deutsch.

In der Fremde ist alles fremd – warum tut man sich das an?

Im September 2009 bin ich hergekommen. Schuld war ein Kumpel von mir, ein Deutscher aus Thüringen, mit dem ich zusammen in den USA studiert hatte. Irgendwann habe ich ihm geschrieben, dass ich keinen Bock mehr auf die Staaten habe. Und er sagte: Komm her, du kannst bei mir wohnen.

Du wolltest nach Berlin?

Berlin hatte ich eigentlich gar nicht im Kopf, es ging darum, endlich im Hauptberuf als DJ zu arbeiten. Berlin – darüber hatte ich in den neunziger Jahren einiges gelesen, wie es hier abgeht, digital. 1998 war ich auch mal eine Woche in Berlin, mehr nicht. Aber in dieser Woche habe ich partymäßig gar nichts erlebt. Ich habe nur Sehenswürdigkeiten angeschaut. Zum Beispiel das ICC, die Messe-Nord.

Ausgerechnet diese Beton-Brutalo-Architektur? Warum bist du nicht nach Sanssouci gefahren?

Einfach weil die Gebäude sehr geil sind. Original „Star Wars“.

Sind deshalb so viele Amerikaner in Berlin?

Die Stadt ist ein Treffpunkt für Künstler weltweit, es sind ja nicht nur Amerikaner, sondern Leute aus der ganzen Welt, die hier mitmachen wollen. Und in den Staaten ist die Kunst irgendwie tot. Es geht um Dienstleistungen, und der Staat ist nicht bereit, Geld für Kunst auszugeben.

Geld gibt es in Berlin auch nicht.

Stimmt. Aber die Appreciation für Kunst ist viel größer als in Amerika. Natürlich, es gibt das MoMA, die Kunstszene in Brooklyn, aber das ist ein Mikrokosmos, nicht mehr.

Was ist eigentlich der amerikanische Traum?

Ich bin der Falsche, um das zu beantworten, weil ich den amerikanischen Traum nie erlebt habe.

Oh.

Der amerikanische Traum, da geht es darum, seinen eigenen Weg aus eigener Kraft zu finden, kommerziell immer in Konkurrenz zu anderen stehen. Es geht darum, ein Häuschen zu kaufen und eine Familie zu gründen. Ich habe es einfach nicht geschafft.

Was ist schiefgelaufen?

Von der Mentalität her, glaube ich, war es unpassend. Die amerikanische Gesellschaft ist oberflächlich, und wenn man nicht so denkt, ist man raus. Man muss mitmachen und keine Fragen stellen, wenn man erfolgreich sein will.

Es gibt viele Deutsche, die von Amerika träumen.

Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite, klar.

Und was macht das Gras für dich in Deutschland grüner?

Ich fühle mich einfach wohl hier. Ein Gefühl, dass ich nicht mehr hatte seit ich ein Teenager bin. Weil ich mein Leben als Künstler leben kann, hier in Berlin gibt es dafür viele Möglichkeiten.

Fühltest du dich in den USA verquer, queer?

In Berlin tut es nicht weh, queer zu sein. Das wird hier nicht nur toleriert, sondern sogar gefeiert!

Warum hat es in den USA wehgetan?

In Amerika selbstbewusst schwul zu sein, selbstbewusst schwarz zu sein – das ist eigentlich das Gleiche. Und die Diskriminierung gab es auf beiden Seiten, bei den Schwulen und bei den Schwarzen.

Wann hast du zum ersten Mal gemerkt, dass du aufgrund deiner Hautfarbe anders gesehen wirst?

Als ich vier Jahre alt war, ungefähr. Es wird einem klar, dass man anders ist. Und dieses Anderssein ist auf jeden Fall nicht gut. Man sieht Dinge im Fernsehen, in der Umgebung. Und dann ist es interessant, was die Eltern erzählen – und was sie eben nicht erzählen.

Was haben sie nicht erzählt?

Sie haben eigentlich gar nichts erzählt, ich musste das alles selbst erleben. Sie haben versucht, mich zu schützen vor der Gesellschaft, sie haben einfach so getan, als ob alles normal sei. Ich bin in einer weißen Nachbarschaft in New Jersey aufgewachsen, ich wusste erst mal nichts von meiner Vergangenheit als Afroamerikaner. Und meine Eltern haben immer peinlich darauf geachtet, dass ich Standard-Englisch spreche, kein Ghetto-Englisch.

Kannst du denn Ghetto-Englisch?

Ich kann das nur oberflächlich imitieren. Andere schwarze Menschen merken sofort, dass ich nicht so spreche wie sie.

Ein Schwarzer aus der weißen Mittelklasse.

Aber dort gab es eben auch subtile Grenzen, Ressentiments. Ungefähr als ich zehn wurde, war klar: Es gibt Unterschiede zwischen den Menschen. Ich habe dann versucht, mich mit Schwarzen anzufreunden, und die waren dann auch distanziert. Es hat einfach nie gepasst – die Kleidung war falsch, die Sprache, alles. Du wohnst nicht bei uns, sondern da drüben mit den anderen Weißen. „Whitewashed“ ist das Wort dafür – und so haben sie mich gesehen.

Du bist in einer Art Twilight-Zone aufgewachsen?

Ja. Erst sehr spät, am Ende der High-School, habe ich wieder Freunde gefunden, obwohl man ja auch sagen muss: Es ist normal, dass man sich mit fünfzehn nicht normal findet. Aber dann habe ich Leute gefunden, die ein ähnliches Lebensgefühl hatten wie ich. Weiße.

Alternativ gesinnte Weiße, die Schrammelrock hörten, nehme ich an?

So ist es. Cranberries, Depeche Mode. Dadurch wurde ich dann auch geprägt, klar.

Wann war dein Coming-out?

Mit neunzehn Jahren.

Willkommen im Club – dann hattest du doch eine Zugehörigkeit: gay!

So einfach war es nicht. Ich lebte noch bei meinen Eltern – ich durfte kein Auto haben, ich durfte keinen Umgang mit anderen Schwulen haben. Ich durfte nicht zum Gay Pride nach New York. Schwul sein konnte ich erst, nachdem ich von zu Hause weg war. Mit einundzwanzig bin ich nach Illinois zum Grundstudium gegangen.

In Illinois war alles besser?

Ganz kurz war alles fein, weil ich gar nichts mehr mit meinen Eltern zu tun hatte. Aber dann musste ich mir die Frage stellen, was ich eigentlich mit meinem Leben anfangen will. Ich habe also erst mal gemacht, was ich machen musste. Ohne zu überlegen. Meine Eltern wollten, dass ich zur Uni gehe, also habe ich das gemacht. Ein bisschen aufgelegt hatte ich ja schon immer, schon in New Jersey. Aber es war nicht denkbar, dass das mal mein wirklicher Beruf werden könnte. Obwohl mir die Musik immer wichtig war. Ich habe schon als Kind musiziert.

Hast du ein Instrument gespielt?

Saxofon, Klarinette und Posaune. Ich war auch im Schulensemble. Aber aus der Sicht meiner Eltern war das nur ein Hobby.

Was solltest du denn mal werden?

Ich sollte zum Militär! Meine Eltern haben dort lange gearbeitet, und das Militär hat auch ihre Ausbildung ermöglicht.

Das Militär als Vehikel des sozialen Aufstiegs – aber Kinder sollen doch immer was Besseres werden?

Sie dachten, dass sich in der Army auch das Problem mit meiner Sexualität lösen würde.

Was war das Problem für deine Eltern?

Damals war Homosexualität noch nicht in dem Maß akzeptiert wie heute – obwohl es ja auch heute wirklich noch genug Probleme gibt.

Wie wird man als Schwuler von Schwarzen aufgenommen?

Damals überhaupt nicht – heute ist es schon besser geworden. Aber damals war das so ein Tabu! Deshalb waren die Schwarzen ja auch überproportional von HIV betroffen – sie konnten ihre Sexualität nur heimlich, in Grauzonen ausleben

Und wie war das mit den Schwulen?

Klar konnte ich in Gay-Bars gehen. Aber Freundschaften, Beziehungen, das Gefühl, zu einer Community zu gehören, das hat nicht funktioniert.

Warum gab es bei der US-Erfolgsserie „Queer as Folk“ – es ging darin um Schwule und Lesben in Pittsburgh – keinen schwarzen Protagonisten?

Das ist einfach: Schwarze Männer sind ein Teil der amerikanischen Gesellschaft, wenn sie Basketball spielen oder Mikrofone halten. Alle anderen sind am Arsch. Man behauptet dann einfach, es gibt nicht genügend schwarze Schauspieler, die einen Schwulen spielen würden. Aber immerhin: In „Six Feet Under“ gab es einen schwulen Schwarzen.

Ist es in der schwulen US-Szene üblich, dass schwarze und weiße Männer ein Paar sind?

Es ist äußerst unmöglich. Es gibt sogar kaum platonische Freunde. Ich habe zwölf Jahre lang in Seattle gewohnt und habe nur ein einziges Mal einen schwarzen und einen weißen Mann zusammen auf der Straße gesehen.

Ist das in Berlin anders?

Ja! Und hier habe ich auch einen Freundeskreis, der mich unterstützt. Ich wurde sehr gut aufgenommen, die Leute hier, die sind meine Familie.

Als Schwarzer, als Schwuler lebst du hier besser?

Es ist unvergleichbar besser, ja.

Die amerikanische Theoretikerin Judith Butler ist der Meinung, dass die deutsche Schwulenszene rassistisch ist.

Wenn, dann findet man hier hauptsächlich einen positiven Rassismus. Es gibt auch den normalen Rassismus, aber der ist viel schwächer als in den USA. Es ist eine Frage der Frequenz. Hier wird man eher sexuell fetischisiert, das ist aber auch klar. Ich bin nun mal ein Exot.

Tendieren Schwule manchmal dazu, das Leben mit einem Pornofilm zu verwechseln?

Das kommt des Öfteren vor, ja. Manche können nicht zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden – das ist bescheuert. Wobei es ja auch okay ist, Fantasien zu haben. Das ist ja ein Spiel. Aber hier finde ich immer blöd, wenn die erste Frage, die gestellt wird, lautet: Wie ist deine Latte? Ist die riesig? Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber ich muss da auch Geduld haben, weil es in Deutschland einfach nicht so viele Schwarze gibt. Und viele wissen nicht, wie sie ausdrücken sollen, dass sie mich attraktiv finden. Wenn ich darauf beleidigt reagiere, dann ist das auch keine Lösung. Es liegt also eher an mir, den Leuten ihre Unsicherheiten zu nehmen.

Hast du dich selbst mal bei rassistischen Vorurteilen ertappt?

Absolut – niemand ist davon frei. Der Unterschied ist folgender: Es geht darum, sich dessen bewusst zu sein. Wenn jemand sagt, dass er völlig frei von Vorurteilen ist, dann glaube ich ihm das nicht. Dieser Mensch ist ein Teil des Problems, nicht der Lösung.

Magst du eigentlich Disco?

Ich liebe Disco! Ohne Disco geht es nicht. Ganz ernst: Ohne Disco kein Techno und kein House. Ohne Jazz und Funk keine Disco, ohne Gospel keinen Jazz. Die Stimmen, die man in Disco, House und Techno hört, stammen von schwarzen amerikanischen Sängerinnen, die ihre Anfänge in der Kirche hatten: Gospel.

Hast du auch in der Kirche gesungen?

Nein, ich habe mich nicht getraut. Aber meine Großmutter, die hat mich immer mitgeschleppt in die Kirche. Ich weiß ganz genau, warum ich House und Disco liebe. In der Kirche, da war das immer so ein Sermon, zwei, drei Stunden, aber bei den Tent Revivals, das waren zehn, elf Stunden! Diese Musik, die ging richtig hardcore ab, das war so bombig. Das war ein Rave! Und das sage ich noch heute zu meiner Großmutter: Bei meinen ersten Rave-Partys war ich mit dir. Die Mucke war echt ein Hammer.

Also gab es doch schwarze Traditionen in deiner Familie?

Martin Luther King, darüber wurde ab und zu gesprochen. Aber nicht über Malcom X oder Black Panter. Luther King konnten sie nicht vermeiden.

In den Achtzigern lief zum Beispiel die Fernsehserie „Roots“ – sie behandelte das Thema Sklaverei. Die hat doch jeder gesehen.

Nein, niemals. Die Cosbys haben wir geschaut. Meine Eltern wollten die Vergangenheit vergessen.

Die Cosby-Show. Eine Sitcom rund um eine schwarze Mittelschichtsfamilie. Weiße tauchten dort nie auf.

Die Botschaft war: Guck mal, was passiert, wenn du die Vergangenheit vergisst und einfach nach vorne schaust. In der Cosby-Show war nie die Rede von Sklaverei. Aber es gibt keine Zukunft ohne die Vergangenheit.

Und die Weißen konnten zuschauen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Ja, alles ist gut, alles ist easy. Zum Glück habe ich dann an der Uni ganz viel gelernt. Dort habe ich selbstbewusste schwarze und auch weiße Professoren gehabt, die mich ermutigt haben. Auch durch die Musik halte ich Kontakt zu meinen Wurzeln – ich habe mir das erarbeitet, unabhängig von meinen Eltern. Es geht um Identität.

Identität – gibt es Gay Music?

Klar. Diese Musik aus den späten siebziger und achtziger Jahren. Wirklich oberflächliche Musik, die in Discos gespielt wurde und in Schwulensaunen.

Oberflächlich?

Ich denke es lag daran, dass die Zeit so schrecklich war für die Schwulen. Aids hat so viele kreative, musikalische Menschen umgebracht. Es ging um eine lebensbejahende, fröhliche Antwort auf diese Bedrohung. Und das gibt dieser Musik wiederum eine tiefe Bedeutung. Das war eben Absicht. Lass uns tanzen gehen und das Schreckliche vergessen. Lass uns in die Disco gehen, in die Sauna und Spaß haben.

Du legst häufig in schwulen Bars und Clubs in Berlin auf.

Ab den Neunzigern ist es irgendwie schiefgelaufen mit unserem, dem schwulen Musikgeschmack.

Da könnte was dran sein.

Es geht immer um Madonna, Lady Gaga, Beyoncé. Diese Musik ist keine Musik und sie ist schlecht. Als DJ versuche ich, die beste Musik von jeder Epoche vorzustellen.

Danke.

Sehr gerne.

Es ist nicht immer leicht, sich in einer schwulen Bar aufzuhalten, ohne Ohrenkrebs zu bekommen.

Wenn ich dienstags im „Ficken 3000“ auflege in Kreuzberg, dann liebe ich besonders die ersten zwei Stunden, dann ist es noch nicht so voll. Neulich habe ich einfach Jazz aufgelegt und – ich weiß, ich weiß – man kann das niemals hören, man kann das in einer schwulen Kneipe eigentlich vergessen. Ich merke das ja an den komischen Blicken mancher Gäste: Was soll das denn bitte? Aber nach einer halben Stunde wird das dann akzeptiert, weil die Musik einfach gut ist. Und die Gäste, die zu früher Stunde kommen, also von zehn bis Mitternacht, die Stammgäste am Tresen, die sind schon älter, vierzig plus. Ich will auch die Älteren unterhalten. Die Fünfzigjährigen, die haben die frühen Achtziger erlebt, die wissen noch, was gute Musik ist. Und die sollen ruhig wissen, dass die Jüngeren das nicht vergessen haben.

Was ist der Sound von Berlin?

Es gab einen Sound, dieser Berliner Detroit-Techno. Das hat sich verändert. Es gibt viel mehr House zum Beispiel. Das lässt Berlin ohne eine bestimmte Musikidentität zurück.

Gibt es Momente, in denen du deutlich spürst: Ich bin Amerikaner.

Natürlich. Wenn ich oberflächlich bin, dann hasse ich mich. Wenn ich mit jemandem verabredet bin und die Verabredung nicht einhalte, das ist so amerikanisch.

Eben warst du Punkt achtzehn Uhr an der U-Bahn-Station.

Ich wollte dich beeindrucken.

Gibt es einen deutschen Traum?

Ich hätte gerne ein Auskommen. Und einen Mann an der Seite, der mich liebt und den ich auch liebe. Das ist mein Traum.

Du bist Mitte dreißig. Wie wird man als DJ erwachsen?

Alles fängt mit vierzig an. Eine gewisse Reife ist eher wichtig, wenn man wirklich erfolgreich sein will. Menschen mit fünfundzwanzig haben oft noch gar keine Geschichte.

Wenn du auflegst – erzählst du dann eine Geschichte?

Auf jeden Fall. Wenn ich gut drauf bin, dann kann ich mich auf die Geschichte der Musik konzentrieren. Wenn ich schlecht drauf bin, dann spiele ich nacheinander zwei Platten, die gar nicht zueinander gehören. Es entsteht eine Dissonanz, ein Gewitter.

Kann man auch Liebe, Zärtlichkeit transportieren?

Wenn man seine Plattensammlung sehr gut kennt, ja. Ich kann ohne nachzudenken zu jedem Zeitpunkt meine Gefühle ausdrücken, das geht dann intuitiv. Zärtlich zu sein, das ist einfacher für mich.

Martin Reichert, 39, ist schwuler weißer sonntaz-Redakteur