heute in hamburg
: „Das waren echte Dramen“

Theaterstück „Der Sturm“ von William Shakespeare: 20.30 Uhr, Kleine Wallanlagen in Planten un Blomen, Tickets und Informationen: http://www.u3-theater.de

Interview Arne Matzanke

taz: Moritz Schilk, Isolation auf einer einsamen Insel und allerlei Intrigen – steckt auch ein bisschen Coronapandemie in Shakespeares „Der Sturm“?

Moritz Schilk: Die Figuren haben schon ein einsames Leben auf der Insel. Sie sind abgeschottet von der Welt. Und plötzlich kommen ganz neue Menschen in ihr Leben und sie müssen sich arrangieren. Isolation und Gemeinschaft, das findet sich auf jeden Fall im Stück wieder.

Das Ensemble des neu gegründeten Theatervereins U3 ist zu Gast in Planten un Blomen. Was ist das U3?

Der Regisseur Hartmut Uhlemann wollte sich mit der grassierenden Kulturabstinenz des letzten Sommers nicht abfinden. Aus diesem Gefühl heraus hat er versucht, das Theater in die öffentlichen Räume zu bringen. In Kooperation mit den Bezirken hat er dann unter anderem in Planten un Blomen ein Stück inszeniert. Aus der Not wurde eine Tugend und so gründete er dieses Jahr das U3.

Wenn das Publikum nicht zum Theater kommt, dann kommt das Theater halt zum Publikum?

Genau. Der Spielort wird somit auch auf eine bestimmte Weise zu einem besonderen Charakter im Stück. Wir spielen in den Kleinen Wallanlagen, das liegt zwischen der Laiesz­halle und einem Gefängnis. Der Platz wird normalerweise ganz anders genutzt. Die Leute gehen dort spazieren. Jeden Abend, auch während der Proben, unterhalten sich die Gefängnisinsassen und deren Angehörige über die Mauer hinweg. Das sind teilweise echte Dramen. Authentischer spielen ist auf jeden Fall schwierig.

Im Stück versklavt Prospero den Inselbewohner Caliban. Was können wir aus „Der Sturm“ über kolonialistische Verhältnisse lernen?

Foto: Jeanne Degraa

Moritz Schilk 29, ist freischaffender Schauspieler.

Versklavt ist vielleicht etwas zu viel, aber die Rolle des Prospero ist ambivalent. Der Zauberer befreit Caliban von seiner tyrannischen Mutter, die zuvor mit Caliban auf der Insel lebte. Gleichzeitig macht er sich dessen Leben zu eigen und benutzt ihn. Wie Freiheit strukturell durch ungleiche Machtverhältnisse beschränkt wird, können wir im Verhältnis der beiden Figuren gut beobachten.

Nach langer Pause als freischaffender Schauspieler stehen Sie wieder vor Publikum. Aufgeregt?

Klar! Ich bin positiv angespannt und habe total Lust, meinen erlernten Beruf wieder auszuüben, das Publikum mitzunehmen. Umso mehr würde ich mir wünschen, dass die Finanzierung solcher „Off-Theater-Projekte“ in Zukunft stärker gefördert wird.