Sanierung der Britzer Mühle: Mit Wehmut, Campingstuhl und Stulle

Bis September 2021 wird die Britzer Mühle in Neukölln restauriert. Ein Besuch am ersten Tag.

Mit einem Kran arbeiten zwei Männer an den Mühlenflügeln

Und ab ist der Flügel: Die Mühlenblätter werden abgeschraubt Foto: dpa

BERLIN taz | Seit 7.30 Uhr sitzen sie hier. Und warten. Für die acht Männer und Frauen des Vereins Britzer Müllerei ist dieser Dienstag ein besonderer Tag: Es geht los mit der Sanierung ihrer geliebten Mühle am Rande des Britzer Gartens. Gerade harren sie aus, bis der zweite der vier Flügel der Mühle abgeschraubt wird und ein Kran ihn hinabhievt.

Es ist fast Mittag, eigentlich sollten die über 12 Meter langen Flügel schon längst am Boden liegen. Aber wie so oft bei Bauarbeiten verzögert sich das gerade. So richtig zu stören scheint es niemanden. Die Ver­eins­mit­glie­der*innen haben es sich gemütlich gemacht: Sie sitzen auf Campingstühlen im Schatten krummer Obstbäume, manche haben Stullen dabei, alle sind gut aufgelegt. „Das ist ja eine Sache, die nicht so häufig vorkommt!“, sagt einer, während er seine Drohne steigen lässt. Das Ereignis will schließlich dokumentiert werden. Zum letzten Mal wurde die Mühle im Zuge der Bundesgartenschau 1985 saniert. Der heutige Architekt des Vorhabens, Günther Hasenberg, war schon davor an den ersten Gutachten zum Projekt beteiligt.

Damals kannte er sich mit Mühlen noch nicht so aus wie heute, wo er Mitglied in der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg ist. Dass er jetzt an eines seiner ersten Projekte zurückkehrt, ist für ihn deswegen etwas ganz Besonderes, sagt er. Dass in der Zwischenzeit auch andere an der Mühle im Neuköllner Stadtteil Britz gebaut haben, macht sich am ersten Tag der Sanierungsarbeiten überraschend bemerkbar: Einige Punkte an den Flügeln sind nicht nur verschraubt, sondern verschweißt. Heißt: Die Zimmermänner müssen mit der Säge ran.

Das dauert. Deswegen löst sich Flügel Nummer zwei erst kurz vor 13 Uhr vom Flügelkopf. Da sind die Handys und Kameras der Zuschauenden schon gezückt. Der Flügel baumelt in der Luft, langsam lässt der Kran ihn hinab. Als er am Boden liegt, klatscht jemand.

Zerstörerische Kraft von Windböen

Im Hintergrund läuft dabei nicht alles glatt. Als der Lkw ankommt, um die Flügel in eine spezialisierte Werkstatt nach Sachsen zu fahren, ist es noch zu früh. Die Flügel sind noch nicht unten, vielleicht muss der Fahrer des Lkws in Berlin übernachten, erzählt Michael Schillaneck.

Auch er ist Mitglied im Verein Britzer Müllerei und dort ehrenamtlich Müller. Mit seiner beigefarbenen Latzhose und dem gelben Bauhelm sieht er aus wie einer, der die Dinge hier managt. Seit 2002 engagiert er sich im Verein. Zu sehen, wie die Mühle auseinandergebaut wird, ist für ihn emotional: „Da ist schon ein bisschen Wehmut dabei.“ Am Donnerstag kommt das Dach der Mühle, die Kappe, ab. Die Klappen an den Flügeln, die Holzschindel, die den Rumpf des Gebäudes bedecken: alles neu. Frisches Lärchen- statt Eichenholz. Statt braungrau strahlt die Mühle die nächsten Jahre dann honigfarben.

Viel wichtiger ist jedoch, dass die Zimmermänner die Technik der Mühle verstärken, die Bolzen und Balken. Das soll die Mühle weniger anfällig für die zerstörerische Kraft von Windböen machen. Die seien wegen des Klimawandels zuletzt häufiger geworden, erzählt Schillaneck. Bis September soll die Sanierung dauern. Da müssen die Mühlenfans also noch etwas mehr warten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.