Erste Corona-Finanzspritze bewilligt: Schulden für den Aufbaufonds

Insgesamt sollen 672,5 Milliarden Euro verteilt werden. Von der Leyen ließ es sich nicht nehmen, die frohe Botschaft selbst zu überbringen.

Ursula von der Leyen mit dem portugiesischen Premierminister Antonio Costa vor einem Springbrunnen und einem Globus

Ursula von der Leyen mit dem portugiesischen Premierminister Antonio Costa am Mittwoch in Lissabon Foto: Armando Franca/ap/dpa

Brüssel taz | Als erstes EU-Land hat Portugal grünes Licht für Finanzspritzen aus dem euro­päischen Corona-Wiederaufbaufonds bekommen. Lissabon soll 16,6 Milliarden Euro erhalten, davon 13,9 Milliarden als nicht rückzahlbare Zuschüsse. Insgesamt stehen aus der neu gegründeten „Aufbau- und Resilienzfazilität“ 672,5 Milliarden Euro bereit, davon 312,5 Milliarden als Zuschüsse.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ließ es sich nicht nehmen, die frohe Botschaft persönlich in Lissabon zu überbringen. „Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, grünes Licht für Portugals Aufbau- und Resilienzplan zu geben“, erklärte sie. Der Plan werde dazu beitragen, „den Menschen in Portugal eine bessere Zukunft zu bieten“ und die Krise zu überwinden.

Mit Zusagen können auch Spanien, Griechenland, Dänemark und Luxemburg rechnen. Von der Leyen will diese Länder bis Freitag alle besuchen, um die gute Nachricht aus Brüssel zu verkünden. Die Europatour stieß allerdings auf Kritik im Europaparlament. Auch die Reformpläne konnten nicht alle Abgeordneten überzeugen. Portugal plane zu viele Großprojekte und zu wenig grüne Investitionen, bemängelt Damian Boeselager von der Partei Volt. Damit mache es sich des „Greenwashing“ schuldig.

Der spanische Plan enthalte „kaum durchschlagende Reformen“, meint der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Von der Leyen habe die Pläne „innerhalb von zehn Wochen anstandslos durchgewinkt“ – ohne sorgfältige Prüfung.

Die EU-Staaten mussten der EU-Kommission nationale Aufbaupläne vorlegen und detaillierte Vorgaben erfüllen. Mindestens 37 Prozent der Mittel sollen in klimafreundliche Projekte und 20 Prozent in Digitalisierung fließen. Außerdem sollen die Pläne auf die Forderungen aus dem „Europäischen Semester“ eingehen, bei dem sich EU-Beamte über die nationalen Haushalte beugen. Dies hatte Deutschland durchgesetzt – unter dem Motto: „Geld gegen Reformen“.

Deutschland erfüllt Auflagen nicht

Allerdings hält sich Deutschland selbst nicht an alle Auflagen. So hat die EU-Kommission die Abschaffung des Ehegattensplittings und eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters gefordert. Die Bundesregierung ist auf diese Wünsche jedoch nicht eingegangen. Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass auch Berlin grünes Licht erhält. Ein „Nein“ könne sich von der Leyen nicht leisten, heißt es in Brüssel.

Den Grundstein für den Wiederaufbaufonds hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Emmanuel Macron vor einem Jahr bei einem deutsch-französischen Treffen gelegt. Im Juli 2020 fasste der EU-Gipfel dann den offiziellen Beschluss. Er gilt als historisch, da die EU-Hilfen erstmals in großem Stil durch Schulden finanziert werden.

Die ersten EU-Anleihen für den Wiederaufbau waren am Dienstag am Markt platziert worden. Die EU-Kommission sammelte 20 Milliarden Euro ein. Sie hätte aber auch 140 Milliarden Euro einnehmen können – so groß war die Nachfrage. Offenbar vertrauen die Anleger der EU, das Gespenst der „Schuldenunion“ scheint niemanden zu schrecken.

Erstmal nur eine Anzahlung

Allerdings läuft das Schuldenprogramm gerade erst an. Mit der Auszahlung der nun bewilligten Hilfen wird erst im Juli gerechnet. Portugal bekommt zunächst auch nur eine Anzahlung von 13 Prozent, das sind 2,2 Milliarden Euro.

Das Europaparlament hat dabei übrigens nichts zu melden. Die Abgeordneten sitzen beim Wiederaufbau auf der Zuschauerbank – genau wie die Zivilgesellschaft. Das letzte Wort haben die Eurokraten in Brüssel. Mit ihrer Europatour gibt von der Leyen ihnen ein sympathisches Gesicht.

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