Probleme bei der Bremer Feuerwehr: Die Frauen sollens richten

Eine Reform soll helfen, die rassistischen und sexistischen Strukturen bei der Bremer Feuerwehr zu lösen. Personelle Konsequenzen bleiben ausgespart.

Eine Feuerwehrfrau im Einsatz hält einen Schlauch, aus dem unter hohem Druck Wasser spritzt

Frauen sollen's richten: Mehr weibliches Personal könnte die Unternehmenskultur der Feuerwehr ändern Foto: Michael Staudt/dpa

BREMEN taz | Jetzt also doch: Die Bremer Feuerwehr hat strukturelle Probleme mit Rassismus und Sexismus. Das stellt die neue Version des Berichts zur Reform der Bremer Feuerwehr fest; in der alten Fassung hatte noch explizit gestanden, dass die genannten Probleme „nicht strukturell“ seien; diese Bewertung hatte vor allem die Linkspartei nicht akzeptiert. Nun konnte am Donnerstag der überarbeitete Bericht in der Innendeputation debattiert werden. Die Reform der Feuerwehr kann beginnen.

Ehemalige Feuerwehrbeamte hatten als Whistleblower im Herbst auf schockierende Vorfälle aufmerksam gemacht und damit den Feuerwehrskandal ausgelöst: Ein Rechercheverband aus Buten un Binnen, NDR und Süddeutscher Zeitung berichtete über extremes Mobbing, über Rassismus, Sexismus und Homophobie. Eine Chatgruppe mit rechten Inhalten rief die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Parallel erstellte Sonderermittlerin Karen Buse nach Gesprächen den Bericht, der nun Grundlage für die Reformen geworden ist.

Etabliert werden soll eine Organisationsstruktur, mit der „wirksame Vorkehrungen gegen Sexismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit und Mobbing“ getroffen werden. Konkret soll in Zukunft bei Einstellungsverfahren eine Zuverlässigkeitsprüfung gemacht werden – wer sich zuvor auf sozialen Netzwerken frauenfeindlich, rassistisch oder über allgemeine Hasskommentare hervorgetan hat, könnte damit nicht mehr als Feu­er­wehr­be­am­te*r infrage kommen.

Eingerichtet werden soll außerem die Stelle ei­nes*­ei­ner Feuerwehrbeauftragten – in Personalunion mit dem*­der Polizeibeauftragten, eine Position, die in Bremen gerade ebenfalls neu geschaffen wird und noch besetzt werden muss. Bei Problemen mit den Institutionen sollen sich Bür­ge­r*in­nen an diese externe Beschwerdestelle richten können.

Karl-Heinz Knorr, ehemaliger Amtsleiter

„Ich hatte keine Kenntnisse von den Strukturen“

Besonders gravierend zeigte sich im Sonderbericht der Sexismus innerhalb der Feuerwehr zeigte sich im Sonderbericht besonders gravierend. Noch 2016 hatten demnach Führungskräfte der Feuerwehr bei einer Veranstaltung der Uni Bremen gesagt, das eigentliche Problem der Feuerwehr seien Frauen – diese könnten nicht mit den Maschinen umgehen und brächten alles durcheinander.

Auch wenn sich die Befragten im Bericht heute deutlich positiver zur Rolle der Frauen äußern, wird klar, dass der Alltag weiter von Sexismus geprägt ist: Bisher hat keine einzige Frau in der Bremer Feuerwehr eine Führungsposition, nur eine konnte eine allgemein begehrte Fortbildung machen. In den Gemeinschaftsräumen der Wachen werden abends Pornos geschaut.

Als Gegenmaßnahme soll künftig bei Beurteilungen die Frauenbeauftragte einbezogen werden. Geplant ist auch eine Antidiskriminierungsstelle. Viel erhofft sich Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) von einer Erhöhung des Frauenanteils: „Das verändert eine Unternehmenskultur.“ Aktuell sind in Bremen von den 600 Berufsfeuerwehrleuten nur 24 Frauen. Das sind vier Prozent – immerhin noch mehr als im Bundesschnitt, wo nur 1,4 Prozent weiblich sind.

Konkret die Personalführung war im Bericht harsch kritisiert worden: Fast alle Feuerwehrleute, die sich bei ihr gemeldet hätten, hätten eine Kultur der Angst beklagt, schreibt Sonderermittlerin Karen Buse. Drohungen waren an der Tagesordnung. Wer sich beklagte oder Verbesserungen in der Ausstattung anregte, wurde nicht mehr befördert oder versetzt. Beförderungen wurden gern nach persönlichen Gefälligkeiten gewährt.

Führungsfunktionen sollen fortan extern ausgeschrieben werden – und bei der Einstellung soll künftig soziale Kompetenz eine Rolle spielen. Was selbstverständlich klingt, ist tatsächlich neu: Sozialkompetenz wurde bisher laut Bericht in Ausschreibungen nicht einmal als Lippenbekenntnis eingefordert.

Der alte Amtsleiter ist immer noch Führungskraft

Obwohl das Führungsversagen im Mittelpunkt der Vorwürfe steht, wird ein Punkt ausgespart: der der persönlichen Verantwortung. Angst und Schrecken soll vor allem der Personalleiter verbreitet haben; der jedoch ist seit ­April 2019 im Ruhestand und kann nicht mehr belangt werden.

In der Rangordnung über ihm steht der ehemalige Amtsleiter der Bremer Feuerwehr. Karl-Heinz Knorr leitet heute in der Innenbehörde das Referat für Katastrophenschutz. Die Stelle war dem 58-Jährigen bereits Anfang 2020 in Aussicht gestellt worden. Als im Oktober die Vorwürfe intern bekannt wurden, wurde Knorr, der mit Mäurer eng vertraut ist, vorzeitig auf eine andere Stelle gehoben – er verantwortete ab November die Organisation der Bremer Impfstrategie.

Knorr ist aus der Schuss­linie, trägt aber weiter Personalverantwortung. Das bemängelt Ver.di-Geschäftsführer Markus Westermann. „So jemand sollte nichts mehr mit Führung zu tun haben“, findet er.

Knorr selbst sagt, er habe von den Vorgängen nichts mitbekommen. „Bis zur Vorlage des Berichts im Mai 2021 hatte ich keine Kenntnisse von den geschilderten Strukturen“, schreibt er auf Anfrage der taz, „insbesondere nicht von der dargestellten angstbesetzten Führungskultur. Keine dieser Dinge wird von mir mitgetragen. Mich quält die Frage, warum diese Probleme nicht an mich herangetragen wurden oder an welchen Stellen ich sie hätte erkennen müssen.“

Einiges spricht dagegen, dass Amtsleiter Knorr komplett ahnungslos war. Im Bericht wird erwähnt, dass bei Gesprächen der Belegschaft mit Personalleiter und Amtsleiter eine „gedrückte und ängstliche Atmosphäre“ geherrscht habe. Auch die Frauenbeauftragte der Feuerwehr deutet an, dass Knorr von den Vorgängen gewusst haben muss. „Bei den Problemen von Feuerwehrfrauen war er mein direkter Ansprechpartner“, sagt sie.

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