Instant-Dramaserie „Loving Her“: Die alltäglichen Begebenheiten

Die Serie von ZDFneo erzählt alltägliche Geschichten aus dem (Liebes-)Leben. Endlich steht dabei nicht ein Hetero-Paar im Mittelpunkt.

Die Schauspielerin Banafshe Hourmazdi hält eine Bierflasche in der Hand und steht neben einer Frau und zwei Männern auf einer Party

In der Hauptrolle von „Loving Her“: Banafshe Hourmazdi (l.) Foto: Marcus Glahn/ZDF

Im Schlafanzug und mit drei Pizzen im Arm schlurft Hanna (Banafshe Hourmazdi) durch Berlins Straßen, als sie ausgerechnet auf ihre Ex-Freundin Franzi (Lena Klenke) trifft, Arm in Arm mit einer neuen Freundin. Vor fünf Jahren waren die beiden als Paar zum Studieren nach Berlin gezogen. Doch verliebt seit Schultagen, leben sie sich in der Hauptstadt auseinander.

Während Franzi das Studium ernst nimmt und sich mit Heimweh herumgequält, ist Hanna total in Berlin angekommen. Studium? Egal! Hauptsache, feiern und mit Freun­d:in­nen abhängen. Statt miteinander zu sprechen, ignorieren die beiden das Problem, bis es zur Trennung der beiden kommt.

Wie die Liebe verloren geht: Eine Geschichte, so normal und alltäglich, dass sie schon unzählige Male in Buch, Film und Fernsehen verhandelt wurde. Dass die ZDF-Serie „Loving Her“ trotz allem etwas Besonderes ist, liegt daran, dass Hanna und Franzi ein lesbisches Paar sind. Und die sind im deutschen Fernsehen noch immer eine Rarität.

Erst im Februar waren 185 Schau­­spie­le­r*in­nen an die Öffentlichkeit gegangen und hatten sich als schwul, lesbisch, bisexuell, trans*, queer, inter und non-binär geoutet. Mit ihrer Aktion #ActOut wollen sie Sichtbarkeit schaffen. Sie fordern diskriminierungsfreies Arbeiten und auch mehr Diversität in deutschen kulturellen Narrativen. „Queere Liebe ist kein Nischenthema. Sie war es nie!“, sagt auch „Loving Her“-Regisseurin Leonie Krippendorf. Und recht hat sie.

Neuer Trend: Instant-Dramaserien

Während Strea­ming­an­bie­ter wie Netflix mit Serien, wie „Pose“, „Orange Is the New Black“, „Sex Education“ oder „Feel Good“ vormachen, wie vielfältiges Begehren erzählt werden kann, hinkt das deutsche Fernsehen noch ziemlich hinterher. Dass die Öffentlich-Rechtlichen daran etwas ändern wollen, zeigten sie im Mai mit der Miniserie „All You Need“ über eine schwule Clique. Und nun zum Ende des Pride Month mit „Loving Her“, die sie beschämenderweise als erste deutsche lesbische TV-Produktion bewerben können.

„Loving Her“ ist wie auch schon „Schlafschafe“ oder „Drinnen – im Internet sind alle gleich“ eine Instant-Dramaserie. Diese werden im beschleunigten Produktionsprozess hergestellt, damit Aktuelles verhandelt werden kann.

Hanna ist nach über einem Jahr Coronapandemie zwar fertig mit ihrem Studium, aber dafür pleite, arbeitslos und ihr Wohnung wurde wegen Eigenbedarf gekündigt. Sie muss also zurück zu ihren Eltern nach Bielefeld ziehen – und während sie ihren Kram zusammenpackt, resümiert sie ihr Berliner (Liebes-)Leben der vergangenen Jahre. Das Ganze ist eine deutsche Adaption der niederländischen Serie „Anne+“, aus dem Jahr 2018, die gerade wegen der kommentierenden Erzählerinnenstimme auch stark an die Hulu-Serie „High Fidelity“ mit Zoe Kravitz in der Hauptrolle erinnert.

Nichts neues aber schön

Natürlich müssen die lesbischen Frauen irgendwelchen hetero Männern erklären, dass Sex auch ohne Penis funktioniert

In den maximal 13 Minuten langen Episoden begegnen wir verschiedenen Liebes- und Sexpartnerinnen von Hanna: Lara, deren Leben scheinbar nur aus Partys, Drogen und Sex besteht. Der Sängerin Anouk, in die sich Hanna Hals über Kopf verliebt, aber deren Gefühle nicht erwidert werden. Die zwanzig Jahre ältere Josephine, die nicht nur Hannas Vorgesetzte bei ihrem Praktikum im Verlag ist, sondern auch noch andere Vorstellungen von ihrer Affäre hat. Sowie die Medizinstudentin Sarah, mit der eigentlich alles perfekt läuft, doch die sich nicht sicher ist, ob sie wirklich lesbisch ist.

Die alltäglichen Begebenheiten werden genutzt, um Größeres zu verhandeln: der Druck, der hinter einem Coming-out steht, die Stigmatisierung von Menstruation oder was Hierarchien mit Beziehungen machen können. Obwohl die Aushandlung der Themen, vor allem aufgrund der Kürze der Episoden, meistens an der Oberfläche bleibt, gelingt das Ganze. Völlig ohne Klischees kommt die Serie dabei nicht aus, denn natürlich müssen die lesbischen Frauen irgendwelchen hetero Männern erklären, dass Sex auch ohne Penis funktioniert. Ja, wirklich, das geht.

ab 1. Juli in der ZDF-Mediathek, ab Sams­tag, 3. 7., 21.40 Uhr, ZDFneo

So wirklich neu ist das also alles nicht, aber trotz allem wünscht man sich, „Loving Her“ würde länger als nur eine gute Stunde dauern. Das liegt vor allem an der empathischen Figur Hanna, die hervorragend von Banafshe Hourmazdi („Futur drei“, „Kokon“) gespielt wird.

Durch ihre Augen wirkt eben auch ein ganz normaler Alltag, super spannend. Und als Zu­schaue­r:in wünscht man sich, ihr Leben noch ein bisschen weiter begleiten zu dürfen, egal ob in Berlin oder Bielefeld.

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